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Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

© Tsp

Fallstricke des Alltags: Hören Sie mal zu, Chef!

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten oder peinlichen Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen. Heute geht es um Chefs, die sich bei Besprechungen immer wieder ihrem Smartphone widmen.

Kürzlich saßen wir in einer Besprechung mit dem Chef zusammen. Während wir ein wichtiges Thema erörterten, wischte der Chef immer wieder auf seinem Smartphone herum, offenbar checkte er nebenbei gerade seine Mails. Das ist doch nicht in Ordnung? Wie reagiert man da?

Manager wollen und müssen auch ständig auf dem neuesten Stand der Entwicklungen sein, um rasch reagieren zu können, wenn etwas schiefläuft. Insofern sollten Sie das Verhalten Ihres Chefs nicht als reine Unhöflichkeit und Mangel an Wertschätzung abtun, sondern zunächst mal annehmen, dass Pflichtbewusstsein, vielleicht auch eine daraus resultierende kleine Sucht Auslöser dieses Verhaltens war. Multitasking ist nun mal ein Phänomen dieser Zeit, das kann man nicht einfach wieder abschaffen.

Natürlich ist es schmerzlich für Mitarbeiter, wenn sie die Aufmerksamkeit des Chefs nicht exklusiv genießen, sondern mit fernen Mail-Absendern teilen müssen. Schließlich geben sie sich in der Regel mit Redebeiträgen gerade selber große Mühe, zum Geschäftserfolg beizutragen, Eine höfliche, aber kritische Frage sollte in jedem Fall gestattet sein, ohne dass der Chef gleich wütend wird. „Langweile ich Sie?“, klingt vielleicht schon sehr offensiv, könnte aber Wirkung zeigen. Ansonsten stellen Sie einfach viele Fragen zum Gegenstand, um ihn vom Smartphone wegzulocken. Am wirksamsten wäre es wohl, wenn Sie zum Gegenangriff übergingen und ihr eigenes Telefon zückten. Ob das geraten ist, kommt aber sehr auf das Temperament und den Humor des Chefs an. Auf keinen Fall sollten Sie darauf verzichten, ein Signal zu geben. Denn es ist ja nicht nur wichtig, immer bestens informiert und handlungsfähig zu sein.

Wertschätzung gehört zu den Dingen, die im Berufsleben oft am meisten vermisst werden. Dabei motiviert sie besonders stark. Wenn Sie sich gegen den vielleicht unwillentlich suggerierten Mangel daran wehren, helfen Sie dem Chef, das Unternehmen produktiver zu machen. Sie geben ihm also eine wichtige Information – und zwar aus einer Ecke, in der er sie gar nicht vermutet.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an:

meinefrage@tagesspiegel.de

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