zum Hauptinhalt
Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

© Tsp

Fallstricke des Alltags: Ist kalkulierter Applaus in Ordnung?

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten oder peinlichen Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

Kürzlich besuchte ich mit einer Freundin eine Ballettvorstellung. Es war großartig, aber meine Freundin klatschte nicht. Sie sagte mir, dass sie erstens ihre Hände schonen müsse, und zweitens, dass sie erst dann klatscht, wenn der Applaus abebbt, damit ihr Klatschen stärker wirkt. Mir graut es schon vor dem nächsten gemeinsamen Konzertbesuch in der Philharmonie. Was tun?

Dora, konsterniert

Zu den schwierigsten Übungen gehört es, die Menschen so sein zu lassen, wie sie eben sind. Jeder Mensch hat Schattenseiten. Und sehr viele Menschen haben kleine Macken und Neurosen, mit denen sie anderen auf den Wecker gehen. Schön wäre es, wenn es Pillen dagegen gäbe. Das ist aber nicht so. Vielleicht wäre die Welt auch langweiliger, wenn sich alle immer nur angepasst benehmen. Natürlich klingt die Begründung ihrer Freundin ein bisschen komisch. Aber ihre persönliche Art, Applaus zu verteilen, erscheint mir trotzdem als eine lässliche Sünde, über die man einfach mal hinweggehen kann. Wie heftig jemand applaudiert, bleibt ihm schließlich ganz allein überlassen. Da hat auch die beste Freundin nichts mitzubestimmen. Toleranz gegenüber eigenwilligen Verhaltensweisen kann übriges auch ein Ausdruck von Freundschaft und grundsätzlicher Menschenliebe sein. Also versuchen Sie doch bitte mal, sich auf den gemeinsamen Konzertbesuch zu freuen. Wenn die Freundin nicht ordentlich klatscht, wie es sich in Ihren Augen gehört, wird das bestimmt nicht auf Sie zurückfallen.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen an: Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin. Mails an:

meinefrage@tagesspiegel.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false