zum Hauptinhalt
Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

© Tsp

Fallstricke des Alltags: „Mahlzeit!“ ist von vorgestern

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten oder peinlichen Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

Wenn meine Kollegen für die Mittagspause das Büro verlassen, verabschieden sie sich mit dem Gruß „Mahlzeit“. Mir gefällt dieses Wort nicht, daher erwidere ich meist „Guten Appetit“, was ich aber auch nicht toll finde, zumal nicht alle Kollegen wirklich zum Essen gehen. Was kann ich stattdessen sagen?
Heidi, appetitanregend

Offenbar geht es vielen Zeitgenossen so wie ihnen. „Mahlzeit“ zu sagen, gilt eigentlich gar nicht mehr als comme il faut. Aber eingefahrene Gewohnheiten sind nun mal schwer abzulegen, wohl auch deshalb hält sich der Brauch hartnäckig. Besonders, wenn man sich das beim Händewaschen vor dem Essen auf der Toilette zuruft, wirkt „Mahlzeit“ ziemlich daneben. Aber auch sonst ist es höchste Zeit, einen Ersatz zu finden für den angestaubten Gruß. „Mahlzeit“ ist im Grunde nur die kurze Variante des vor früher gebräuchlichen Wunsches auf eine „Gesegnete Mahlzeit“. In manchen Regionen im Norden, ist der Gruß zeitweise zum Synonym für „Hallo“ geworden. Ihren Ansatz, etwas völlig anderes zu sagen, finde ich sehr gut. Vielleicht lässt sich der noch optimieren. Denn wo noch gar kein Essen zu sehen ist oder womöglich statt eines Lunches eine kleine Jogging-Tour die Mittagspause füllen wird, ist es auch verfehlt, „guten Appetit“ zu wünschen. Dass Sie sich dabei merkwürdig vorkommen, ist verständlich. „Guten Mittag“ dürfte auch kaum Chancen haben, obwohl es naheliegend wäre. „Angenehme Mittagspause“ klingt freundlich, aber es kann immer sein, dass jemand da einen negativen Unterton hört, weil viele Menschen stolz darauf sind, dass sie sich kaum eine Pause gönnen, sondern möglichst nonstop an der Arbeit sind.

„Schöne Mittagszeit“ klingt nach meinem Gefühl am neutralsten. Da kann jeder reinpacken, was er will, kann arbeiten oder joggen oder essen oder einfach in der Sonne sitzen und faulenzen. Und was immer er tut, Ihre guten Wünsche begleiten ihn. Damit gehen Sie also sogar noch weiter, als ein kryptisches und streng auf Nahrungsaufnahme beschränktes „Mahlzeit“ in die Gegend zu bellen.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an: meinefrage@tagesspiegel.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false