zum Hauptinhalt

Fallstricke des Alltags: Muss ich bei meinen Kaffeetafeln auf alle Sonderwünsche der Gäste eingehen?

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten oder peinlichen Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

Eigentlich lade ich gern zu Kaffee und Kuchen ein. Allerdings nervt es mich zunehmend, dass die Gäste immer schwieriger in ihren Ansprüchen werden. Der eine braucht unbedingt perfekt aufgeschäumte Milch, der andere eine ganz bestimmte Espressosorte. Das wird mir langsam zu kompliziert. Außerdem finde ich das unverschämt.

Ellen, ausgenutzt

Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

© Tsp

Hier haben wir es mit einer Folge der pädagogischen Bemühungen großer Kaffeeketten zu tun. Die trainieren seit Jahren ihren Kunden eine Insidersprache an. Wer die einmal gelernt hat, soll fest an die Marke gebunden und bereit sein, für einen Becher Kaffee den Gegenwert einer guten Flasche Tafelwein auf die Theke zu blättern. Wenn solche kommerziellen Sitten ins Privatleben ausstrahlen, ist das bedauerlich. Ein Gastgeber möchte sich ja nicht mit den Folgen von Marketing-Konzepten herumschlagen müssen.

Gerade unsichere Menschen halten es oft für ein Zeichen von Überlegenheit, hohe und komplizierte Ansprüche zu stellen. Erfolgreiche, in sich ruhende Menschen erkennt man meist an bescheidenem Auftreten. Zu Hause sollte es unbedingt dilettantisch bleiben dürfen. Das macht ja gerade den Charme einer häuslichen Kaffeetafel aus. Wird ein selbst gebackener Kuchen serviert, wiegt das doch lässig jede Kaffeespezialität auf, die für den Massendurst entwickelt wurden. Trendsetter haben sowieso gerade den Filterkaffee wieder entdeckt. Ihre Gäste leiden offenbar unter einem weit verbreiteten Syndrom. Sie sind nicht in der Lage zu erkennen, dass Sie ihnen mit den Einladungen etwas ganz Besonderes und Individuelles bieten. Kein Wunder, dass solcher Mangel an Wertschätzung Sie nervt. Der darf aber kein Grund sein, sich wie ein Hamster abzustrampeln. Wer auf bestimmte Kaffeegags Wert legt, soll halt dafür bezahlen.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an:

meinefrage@tagesspiegel.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false