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Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

© Tsp

Fallstricke des Alltags: Muss man am hellichten Tag einen Frack anziehen?

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten oder peinlichen Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

Meine Freundin möchte unbedingt, dass ich sie zu einer Hochzeit begleite. Mich schreckt aber der Dresscode ab: „Cutaway“. So was trägt doch kein Mensch. Soll ich ganz wegbleiben, oder gibt es da auch Alternativen zu?

Jacob, ungezwungen

Wenn Sie sich durchringen und mitfahren zu der Hochzeit, werden Sie staunen. Es gibt zugegeben keine förmlichere Bekleidung als diesen sehr traditionellen Frack für den Tag, der kurz auch „Cut“ genannt wird. Aber besonders bei Adelshochzeiten und tagsüber stattfindenden festlichen Zusammenkünften sehr traditionsbewusster Familien kann man diese Art der nicht ganz so gemütlichen Herrenbekleidung in großer Vielzahl studieren. Zum Oberteil, dem schwarzen Rock mit langem Schoß, wird eine grau gestreifte Hose kombiniert. Dazu trägt man in der Regel eine hellgraue Weste, eine breite Krawatte und schwarze Schuhe. Eigentlich gehört auch noch ein Zylinder dazu, aber ich kann mir vorstellen, dass Sie an der Stelle endgültig streiken werden.

Eine mögliche Alternative wäre der sogenannte Stresemann, bei dem zur grau gestreiften Hose ein schwarzes Jackett getragen wird. Darin fühlt man sich nicht gar so verkleidet und muss auch nicht so viel Geld investieren, wenn man nicht unangenehm auffallen will. So richtig korrekt ist man damit in konservativen Kreisen aber leider auch nicht angezogen.

Da Ihre Freundin Sie dabeihaben will, sollte sie bereit sein, vorher ein bisschen zu recherchieren. Es spricht ja nichts dagegen, sich diskret bei der Familie der Braut zu erkundigen, wie wichtig denen der Dresscode ist und ob auch Abweichungen toleriert werden, ohne dass dem jungen Paar der schönste Tag im Leben ästhetisch ruiniert wird. Erhält sie das Signal, dass bewusst bürgerlich auftretende Gäste auch im Anzug kommen dürfen, dann sollten Sie die Freundin nicht enttäuschen. Besteht man hingegen auf „Cut“ und Ihnen ist die Anschaffung schlicht zu teuer und der Gang zum Frackverleih zu umständlich, dann spricht nichts dagegen, die Einladung auszuschlagen. Ihre Freundin kann ja auch alleine teilnehmen. Aber Achtung: Nicht ohne Hut. Der ist für die Damen im Dresscode „Cut“ nämlich automatisch enthalten.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an:

meinefrage@tagesspiegel.de

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