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Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

© Tsp

Fallstricke des Alltags: „Pass doch auf, Alter!“

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten oder peinlichen Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen

Dass ich die siebzig deutlich überschritten habe, sieht man mir an. Trotzdem kommt es regelmäßig vor, dass junge bis mittelalte Leute, die mir auf dem Bürgersteig entgegenkommen, es als ganz selbstverständlich ansehen, dass ich ihnen ausweiche. Wenn nicht, kommt es zu Rempeleien, die einmal sogar zu einem wütenden Ausruf („Hey, pass doch auf, Alter!“) führten. Machen andere Menschen ähnliche Erfahrungen?

Hans, angerempelt

Leider ist das Klima in einer Großstadt tendenziell immer rauer als anderswo, weil sich viele Menschen wenig Platz teilen müssen. Umso wichtiger wäre es, Rücksicht zu nehmen, besonders auf ältere Leute. Auf dem Gehweg ist der Radler, auch wenn er keine Beleuchtung und die Ohren dazu gut verstöpselt hat, nun mal der Stärkere. Wer da pädagogisch wirken will, erntet in aller Regel Feindseligkeit, Spott oder Häme. Ich hoffe heimlich immer, dass eine kritische Bemerkung dem Radfahrer doch zu denken gibt, er es sich in dem Moment nur nicht anmerken lassen will. Deshalb würde ich auch immer dazu raten, andere aufmerksam zu machen, wenn sie sich danebenbenehmen. Man muss nur aufpassen, dass die Situation nicht zu aggressiv und damit gefährlich wird. Was das Rempeln betrifft, frage ich mich manchmal, ob man einfach zurückrempeln sollte. Wenn an der Ampel eine Schulklasse die ganze Breite des Überwegs in Anspruch nimmt, bleibt den entgegenkommenden Passanten ja gar nichts anderes übrig, als sich durchzuquetschen und dabei Körperkontakt in Kauf zu nehmen. Warum die Lehrer nicht mal darauf kommen, ihre Schüler mit einem entsprechenden Hinweis zu weniger raumgreifendem Verhalten zu verführen, ist schwer verständlich. Der Mensch lebt nicht von Mathematik allein. Soziale Fähigkeiten können einen im Leben mitunter auch weiterbringen.

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