zum Hauptinhalt

Berlin: Fasern waren kein Beweis

Mord an Rossmann-Verkäuferin bleibt ungesühnt Angeklagte wurden gestern freigesprochen

Die Familie der Getöteten war nicht gekommen. Der Ehemann und die drei 18 bis 26 Jahre alten Töchter von Regina G. hatten wohl geahnt, wie das Urteil ausfallen würde: Der Mord an der Rossmann-Verkäuferin bleibt ungesühnt. Der Prozess gegen Silvio S. und Murat Ö. endete gestern mit Freisprüchen.

„Es ist nicht gelungen, dieses schreckliche und sinnlose Verbrechen aufzuklären“, sagte der Vorsitzende Richter. Auch am Tatort sichergestellte Faserspuren würden nicht direkt auf S. als Täter deuten. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Jugendstrafe von zehn Jahren gegen den 21-jährigen S. gefordert.

Der brutale Raubmord ereignete sich am 10. Dezember letzten Jahres. Einer der Täter lauerte im Rampenbereich des Hintereingangs der Rossmann-Filiale. Als um 18.17 Uhr drei Verkäuferinnen das Geschäft an der Bucher Wiltbergstraße verließen, sprang er aus der Deckung. „Los rein!“, brüllte der Maskierte und wollte die Frauen zurück in die Filiale drängen, um die Tageseinnahmen zu rauben. Dabei stach er drei Mal leicht auf die 46-jährige Regina G. ein. Als sie dennoch nicht umkehren wollte, rammte er der Frau das Messer in den Bauch. Tödlich verletzt brach die stellvertretende Filialleiterin Regina G. zusammen. Der Mörder floh ohne Beute.

Bereits kurz nach der Tat hatten die Ermittler aufgrund von Zeugenaussagen den arbeitslosen Hilfskoch Silvio S. im Verdacht. Er ist wegen Raubes vorbestraft, wohnte in Tatort-Nähe, hatte kein Alibi. Fünf Tage nach dem Mord wurde S. festgenommen. Für einen Haftbefehl allerdings reichte es damals noch nicht. Der erging erst Anfang März, als die Laborberichte zu Faserspuren vorlagen.

Für Ö. beantragte auch der Staatsanwalt Freispruch. Silvio S. dagegen sei der Täter, zeigte sich der Ankläger überzeugt und stützte sich auf die Gesamtschau von Indizien. Drei Fasern, die am Jackenärmel der Toten sichergestellt wurden, seien seinem „Lebensbereich“ zuzuordnen. Zudem handele es sich bei dem Täter nach Zeugenaussagen um einen schlanken Mann mit spitzem Kinn. Dies würde auf S. zutreffen.

Die Zeugen aber hätten den Täter nicht „hinreichend sicher“ beschrieben, die Fasern keinen direkten Beweis geliefert, hieß es im Urteil. Winzige Faser-Spuren von der Jacke der Toten waren in der Wohnung der Schwester von S. gefunden worden. „Die ermittelnden Beamten hatten sich frühzeitig und scheuklappenartig auf S. fixiert“, hatte der Verteidiger kritisiert und Freispruch verlangt. K.G.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false