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Ganz groß in Mode. Zwei Models stehen auf hohen Schuhen bei der Fashion Week herum. Weniger ausgefallenere Outfits sind bei der Modemesse Panorama zu besichtigen.

©  Ralf Hirschberger/dpa

Fashion Week: Ein Besuch auf der Panorama Messe Berlin

Beim Rundgang über die Modemesse Panorama stellt sich heraus:  Die nächsten Jahre werden wie die letzten – zumindest kleidungsmäßig.

Es ist verdammt leicht, mit Mode irgendwas falsch zu machen. Gar nicht erst den Eindruck erwecken, als neige man zu unkeuschen Taten und Gedanken, das ist wichtig. Und deshalb steht auf dem lebensgroßen Eisbär, der den Eingang der Modemesse Panorama bewacht, ein kleines, aber unübersehbares Schild: „Dieser Eisbär besteht aus Pelzimitat.“ Nachdem nun die Tierschutzpolizei beruhigt ist, kann sich das Handeln und Palavern in den Messehallen frei entfalten, der Modestadt Berlin zu Ruhm und Ehre.

Moment: in den Messehallen? Ist denn da nicht Grüne Woche? So denkt der Laie, aber der Fachmann kennt die Tricks der Berliner Messe, die durch den neuen bombastischen Südeingang gleich neben dem „City Cube“ ein „Expo Center City“ erschlossen hat, das aus den unteren Messehallen 1 bis 7 besteht. In Halle 2 beispielsweise zeigt oben das neue russische Reich seine Dosendelikatessen, während direkt drunter das Modevolk an den Ständerreihen entlang flaniert – raffiniert diskrete Absperrungen im Treppenhaus verhindern, dass die einen sich mit den anderen mischen.

Wie ein gigantisches Modekaufhaus

Was aber auch auffallen würde. Denn die Besucher der Panorama sind jünger und schöner oder doch zumindest jünger und schöner gekleidet als das Grüne-Woche-Volk, das liegt in der Natur der Sache. Und sie sind ein Profi-Publikum, das alles schon gesehen hat und Stoffqualitäten degustieren kann wie ein Weinfreak den neuen Mosel-Jahrgang. Übrigens, nicht, dass es auf der Panorama etwas zu sehen gäbe: Der Laie fühlt sich dort wie ausgesetzt in einem gigantischen Modekaufhaus. Der Unterschied: die Sachen sind etwas lockerer gehängt, und es gibt weder Konfektionsgrößen noch Umkleidekabinen, weil ja hier niemand eine Hose oder ein Kleid kauft, sondern gern gleich einen ganzen Container. Der Kram soll schließlich den Kunden passen und nicht einem selbst.

Deshalb sind hier nicht all jene Firmen vertreten, die einem zum Stichwort Mode als erste einfallen. Sondern jene, die auf dem Etikett stehen, wenn der Normalverdiener mal in seinen Kleiderschrank schaut. Und auch eine andere laienhafte Erwartung fällt in sich zusammen: Hier flanieren keine magersüchtigen Models auf schroff beleuchteten Laufstegen, beides gibt es überhaupt nicht. Der Gipfel des Entertainments ist erreicht, wenn ein Schlagzeuger eine Geigerin und einen Cellisten vor sich her treibt, um auf den Stand der Firma Desigual aufmerksam zu machen, wo auch ganz allerliebste Obstspießchen verteilt werden.

Musik ist leiser als man befürchtet

Aber generell ist in den Hallen viel weniger Musik zu hören, als man befürchten müsste. Die Leute sind ja zum Gucken und Reden da, dabei stören Kakophonien nur, und auch andere werbliche Angriffe bleiben bescheiden. Oben bei „Roy Robson“ hat man zwei gläserne Büros eingebaut, in denen wichtige junge Männer offenbar echten Geschäften nachgehen. Große Welt, denkt man, die Jungs in London oder so sind uns doch immer wieder voraus, stilmäßig.

Doch dann stellt sich heraus, dass die Firma Roy Robson in Lüneburg angesiedelt ist; ernüchtert zieht man zu Pierre Cardin, wo Pariser Lebensgefühl im „L´Appartement francais“ satt serviert wird, das hat noch echte internationale Klasse. Dummerweise gehört die berühmte Marke in der realen Welt einer Firma Ahlers in Herford-Elverdissen, was so ähnlich ist, als würde Paul Bocuse Kartoffelsuppe mit Bockwurst servieren.

Jeansstoff ist in Mode

Aber egal: Hauptsache, den Leuten gefällt es. Wer das Laienauge die Reihen auf und ab schweifen lässt, der gewinnt aber den Eindruck, dass er die Klamotten aus den letzten Jahren durchaus noch weiter anziehen kann, speziell, wenn sie aus Jeansstoff sind. Denim de Luxe, The Real Denim, Miracle of Denim, das ist so wenig einfallsreich wie die draus gefertigten Hosen. Der Business-Aufsteiger, das sieht man an jenen, die dort herumlaufen, muss sich weiter in Sakkos hineinknöpfen, die aussehen, als seien sie von seiner Konfirmation übrig geblieben.

Wer ein wenig herumsucht, der stößt dann auf Perlen wie „Fritzi aus Preußen“, wo Schuhe mit der Garantie „100 Prozent lederfrei“ verkauft werden, die man zumindest dem Eingangs-Eisbären dringend ans Herz legen möchte. Am Ausgang hingegen kann sich der Aufsteiger über neue Jobs informieren, kann zum Beispiel „Woman Fashion Designer“ in Kuwait City werden. Und damit ist nicht die Grüne Woche oben gemeint.

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