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Feinstaub: Die Berliner Umweltzone bleibt

Die umstrittene Umweltzone mit Fahrverboten für Autos, die die Abgasnormen nicht erfüllen, bleibt bestehen. Gut 100 Tage nach der Einführung in Berlin liegen noch keine messbaren Erfolge vor. Es sei zu früh, um das System richtig einzuschätzen, heißt es beim Senat.

An der Umweltzone innerhalb des S-Bahn-Rings werde nicht gerüttelt, erklärten gestern Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) und Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) übereinstimmend. Gebremst werden kann die Umweltzone jetzt nur noch vor Gericht. Der ADAC hat mehrere Musterklagen eingereicht. Ein gutes viertel Jahr nach dem Start sei es viel zu früh, Folgen zu bewerten, sagte die Sprecherin der Umweltverwaltung, Marie-Luise Dittmar. Unstrittig sei aber, dass jedes Auto mit schädlichen Abgasen, das jetzt nicht mehr innerhalb der Umweltzone unterwegs ist, ein Gewinn für die Gesundheit der Bewohner sei. Von Anfang an sei klar gewesen, dass es vergleichende Messungen frühestens erst nach einem Jahr geben kann. Sie erfolgten auf wissenschaftlicher Basis.

Der Feinstaub-Anteil in der Luft, der Krebs erregen kann, ist zudem stark abhängig vom Wetter. Deshalb könne man auch aus den bisher vorliegenden Messungen noch keine Schlüsse ziehen, sagte Dittmer weiter. Dabei schneidet Berlin hier bisher vergleichsweise sogar gut ab. Der zulässige Grenzwert wurde in diesem Jahr bisher an der Frankfurter Allee in Friedrichshain neun Mal überschritten. Im vergangenen Jahr waren es allein bis zum 30. März schon zehn Tage. Zulässig sind nach EU-Vorgaben höchstens 35 Tage im Jahr. Diesen Wert hat die Landshuter Allee in München mit 28 Tagen dagegen schon fast erreicht. Dann folgen Duisburg mit 23 Tagen, Essen mit 22 und Dortmund mit 20 Tagen an den belastetsten Straßen. In diesen Städten gibt es keine Umweltzone. Köln, das zeitgleich mit Berlin eine Umweltzone eingeführt hat, kommt bisher auf 15 Überschreitungstage.

Für Umweltzonen setzt sich auch der Wissenschaftler Erich Wichmann vom Helmholtz-Zentrum München ein. Umweltzonen könnten der Gesundheit weit mehr nützen, als sich aus routinemäßigen Feinstaubmessungen ablesen lasse, ist Wichmann überzeugt. Umweltzonen seien um so effektiver, je stringenter sie die „Hauptübeltäter“ – Dieselfahrzeuge ohne Partikelfilter – aus der Stadt heraus hielten. Die Partikel aus diesen Fahrzeugen hätten zwar einen relativ kleinen Anteil am Feinstaubanteil, sie seien aber äußerst schädlich. Den Anteil dieser Rußpartikel zu verringern, sei deshalb besonders relevant. Vom ADAC, einem Gegner der Umweltzone, war gestern keine Stellungnahme zu erhalten. Auch das Umweltbundesamt war nicht erreichbar.

Weil 70 Prozent der Schadstoffe aus dem Verkehr in Städten entstehe, unterstütze Berlin auch das EU-Projekt „Grünbuch Stadtverkehr“ sagte gestern Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer. Hier werde untersucht, wie Verkehr flüssiger und umweltschonender gestaltet werden kann. Eine europaweit einheitliche Regelung von Vorgaben sei bisher aber am Widerstand unter anderem von Hessen, Bayern, Baden-Württemberg und Bayern gescheitert.

Berlin steht nach Ansicht von Junge-Reyer vergleichsweise gut da. Zwei Drittel aller Wege werden umweltschonend mit Bahnen und Bussen, zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt. In London seien es 60 Prozent, in Rom nur 45 Prozent. Und flüssig sei der Verkehr in Berlin auch. Autos erreichten in der Innenstadt eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 26 Stundenkilometer (km/h), in London dagegen nur 15 km/h. Auch Busse und Straßenbahnen seien mit 19 km/h doppelt so schnell wie in London.

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