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Berlin: Filmparty ist Familiensache Robert Pattinson bringt seine Verwandten mit

Und beim Teddy Award ist Patchwork angesagt.

Auch ein Star bedarf gelegentlich des familiären Beistands, sei es aus pädagogischen Gründen, zwecks Steigerung von medialer Aufmerksamkeit und eigenem Wohlbefinden oder auch nur, weil eine oberste Instanz bei der Wahl der richtigen Ohrringe, der passenden Krawatte unabdingbar ist. In die erste Kategorie gehörte der 14-jährige Tom Horn aus „Extremely Loud & Incredibly Close“, der vom Vater begleitet wurde, in die zweite das Doppelgestirn Brangelina nebst der Schar ihrer kleinen Satelliten. Fast schien es, als müsste man Angelina Jolie und Brad Pitt zur Berlinale-Familie 2012 küren, da haben sie kurz vor Schluss noch ernsthafte Konkurrenz bekommen: Robert Pattinson hatte am Freitagabend zur Premiere von „Bel Ami“ als Verstärkung die Eltern wie auch seine beiden Schwestern mitgebracht. Ein netter Zug und ohne Weiteres verständlich: Schließlich war es das erste Festival, zu dem er eingeladen wurde – also auch die erste Festivalparty, die nach dem Film ihm zu Ehren ausgerichtet wurde. Weit hatten er und seine beiden Mitspielerinnen und Film-Liebhaberinnen Christina Ricci und Holliday Grainger es nicht: Der Meistersaal in der Köthener Straße liegt vom Berlinale-Palast knapp fünf Gehminuten entfernt, aber man nahm natürlich den Wagen.

Ein trefflich gewählter Ort, passend zum Belle-Époque-Ambiente des Films, 1913 eröffnet, also nur knapp 30 Jahre nach Erscheinen von Guy de Maupassants Roman – der blickdichte Vip-Bereich leider in Nebenräume verlegt. Im Saal selbst keine marktschreierischen Kinoplakate wie so oft, stattdessen als Hauptdekoration auf der ansonsten ungenutzten Bühne sechs Leuchter mit je fünf Kerzen, um ein Blumenarrangement gruppiert, was dem Raum etwas Sakrales gab. Unter den Gästen waren auch einige von Pattinsons deutschen Kollegen zu sichten, David Kross und Max Riemelt etwa, auch Jürgen Tarrach und Bastian Pastewka.

Noch ein Familientreffen mit prominenten Gästen gab es gleichzeitig zehn Autominuten weiter südlich auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof. Allerdings dominiert bei der Party zur Verleihung des 26. Teddy Awards, des schwul-lesbischen Filmpreises der Berlinale, mehr die Patchworkfamilie. Vertreten etwa durch Neo-Schlagersängerin Ella Endlich, die höflich ihre Begleitung, eine turmhohe, als schrille Nazibraut ausstaffierte Transe, bekannt macht: „Darf ich vorstellen – Rosa Braun.“ Angenehm. So wie die mal politische, mal witzige, aber nur selten durchhängende Verleihung in der pink ausgeleuchteten Abflughalle und dem Restaurant mit coolem Blick aufs Rollfeld. Ständig bekommt man was zugesteckt: Lollies, Kondome, Plüschteddys.

Die versucht auch Marianne Rosenberg in ihrem Showblock unters Volk zu bringen, doch irgendwie zieht die steif posierende Schwulenikone viel schlechter als die eine pyromanische Tänzerin quer durch die Halle verfolgende Elektroclash-Sängerin Peaches in ihrem Stofftitten-Kostüm. Comic-Zeichner Ralf König, der Schöpfer der Teddy-Trophäe, sieht es mit Staunen. „Was ist bloß mit euch los?“, fragt er von der Bühne in den Saal. Wenn beim Kölner Karneval Marianne Rosenberg „Marleen“ sänge, flögen die Perücken in die Luft. Hier schleicht sich lieber der eine oder die andere an die Bar.

Neben Stammgästen wie Dieter Kosslick, Rosa von Praunheim, Romy Haag oder Judy Winter gab es auch einen Neuzugang: Senatorin Dilek Kolat, die ihren wegen seines Vatikan-Besuchs reichlich veräppelten Chef Wowereit vertrat.

Trotz Showblocks und DJ-Sets bis zum frühen Morgen wurde einer vermisst: Jury-Mitglied Jake Gyllenhaal, einer der schwulen Cowboys aus dem Kinofilm „Brokeback Mountain“. Was der hier solle, fragte Festivalchef Dieter Kosslick, „der ist so straight wie ich“. Schadet ja nix, fanden Stereo Total und sangen ihren Hit: „Isch liebe Liebe zu dritt“.

Mehr Berlinale auf den Seiten 25-27

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