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Berlin: Filmriss, Aufriss, Abriss

Von Stefan Jacobs Friedrichshagen. Sie sehen schon die Abrissbirne über ihrem Traditionskino kreisen: die Eigentümer mit ihrem Idealismus, der Architekt mit seinem fertigen Sanierungskonzept und die beiden Möchtegern-Betreiber mit ihrer soeben abgeschlossenen Ausbildung zum Filmtheaterkaufmann.

Von Stefan Jacobs

Friedrichshagen. Sie sehen schon die Abrissbirne über ihrem Traditionskino kreisen: die Eigentümer mit ihrem Idealismus, der Architekt mit seinem fertigen Sanierungskonzept und die beiden Möchtegern-Betreiber mit ihrer soeben abgeschlossenen Ausbildung zum Filmtheaterkaufmann. Sie waren angetreten, das 1998 geschlossene „Union“ in der Friedrichshagener Bölschestraße zu retten. Jetzt fürchten sie das Scheitern ihrer Pläne, weil sie ihre Rechnung mit Fördermitteln, aber ohne den Senat gemacht haben. Denn im Zuge von Haushaltsmisere und Regierungswechsel wurden das Förderprogramm „Städtebaulicher Denkmalschutz“ zusammengestrichen und die Vergabekriterien geändert. Öffentliche Bauprojekte sind wichtiger als Privatangelegenheiten, so heißt jetzt die Parole. In den nächsten Tagen will die Bauverwaltung über die Förderung entscheiden. Vorher wollen weder Senat noch der Bezirk, der eine Wunschliste eingereicht hat, eine Prognose abgeben.

Der Treptow-Köpenicker Bürgermeister Klaus Ulbricht (SPD) versichert, dass das „Union“ mit gleicher Dringlichkeit auf der Liste stehe wie ein zweites privates Vorhaben im Bezirk. Aber unter der Hand wollen schon mehrere Beteiligte erfahren haben, dass das Konkurrenzprojekt, eine Investruine in der Altstadt, bevorzugt wird und das Kino erst im nächsten Jahr an die Reihe kommen soll. „So lange können wir keinesfalls mehr durchhalten“, sagen die Friedrichshagener Bauunternehmer Petra und Bernd Paulke, die das Kino 2001 für 950 000 Mark gekauft haben, nachdem die Sanierungspläne von Vorbesitzer Wolfgang „Lippi“ Lippert gescheitert waren. „Die Fördermittel sind uns damals schon mündlich zugesagt worden. Sonst hätten wir das ganze Projekt nicht angefasst“, sagt Petra Paulke. Ihre Kalkulation enthält 60 Prozent öffentliche Zuschüsse für das Kino. Ein höherer Eigenanteil sei nicht drin. Ohne Geld aus dem öffentlichen Topf bliebe wohl nur der Verkauf des attraktiv gelegenen Grundstückes an einen Investor, der das zwar denkmalgeschützte, aber nach langem Hickhack zum Abriss freigegebene Kino platt machen und an seiner Stelle ein kleines Einkaufszentrum und ein paar Wohnungen errichten dürfte.

Damit wäre nicht nur das einzige Kino der Umgebung verschwunden, sondern auch die Idee der potenziellen Betreiber gestorben: Daniel Helbig (30) und Sebastian Geschwandtner (28) wollen „gehobenen Mainstream“ und Ausgefallenes vorführen und das Kino auch als Treffpunkt für Café-Freunde und Galeriebesucher etablieren. Vorher müssen sie 380 Kinosessel und die Technik drumherum finanzieren. „Wir denken, dass wir die etwa 400 000 Euro dafür zusammenkriegen“, sagt Helbig. Man habe schon mit Sponsoren geredet und bei der Filmförderanstalt angefragt. Es sehe ganz gut aus; man habe unverbindliche Zusagen bekommen. Weil die aber ohne Fördermittel ohne Wert sind, hatte Helbig in der vergangenen Woche einen Termin mit der Bauverwaltung vereinbart, um die zuständige Staatssekretärin persönlich für das Projekt zu begeistern. Allerdings konnte er nur eine Videokassette übers „Union“ abgeben, denn die Staatssekretärin war nicht da.

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