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Beste Lage. Eine von vier Villen auf dem verkauften Grundstück.

© Manfred Thomas

Finanzaffäre in Brandenburg: Potsdamer Filetgrundstück zum Schnäppchenpreis

Neue Vorwürfe gegen das Brandenburger Finanzministerium: Tagesspiegel-Recherchen zufolge ist ein Grundstück in Potsdamer Bestlage völlig unter Wert verkauft worden.

Potsdam - Die Finanzaffäre in Brandenburg weitet sich aus. Das Finanzministerium steht bereits wegen der Verkäufe der Krampnitz-Kasernen und der Bodengesellschaft (BBG) unter Druck. Jetzt wird ein weiterer besonders krasser Fall bekannt, wie Landesvermögen verschleudert wurde. Nach Tagesspiegel-Recherchen hat das Finanzministerium im April 2004 ein 15 000 Quadratmeter großes Filetgrundstück in Potsdamer Bestlage, unmittelbar am zum Unesco-Welterbe gehörenden Park Babelsberg und nahe am Griebnitzsee, zu einem Schnäppchenpreis von 290 000 Euro verkauft. Vorliegende Unterlagen legen den Verdacht nahe, dass dem Land dabei ein Schaden in mindestens sechsstelliger Höhe entstanden ist. „Wir prüfen den Fall“, bestätigte Ministeriumssprecherin Ingrid Mattern auf Anfrage.

Diesmal geht es nicht um verfallene Krampnitzer Kasernen am Stadtrand, sondern um eine der begehrtesten Wohngegenden Potsdams, um die grüne Villensiedlung in Babelsberg. Gleich in der Nähe tobt der Streit um den Uferweg am Griebnitzsee. Die vom Land verkaufte Immobilie gehörte früher zur Königlichen Sternwarte, heute Sitz des Astrophysikalischen Instituts. Das „parkähnliche Areal“ von 15 000 Quadratmeter wurde zusammen mit vier denkmalgeschützten, bewohnten Mehrfamilienhäusern (12 Mietwohnungen) veräußert, die ebenfalls aus der Gründungszeit der Sternwarte 1913/1914 stammen und nach der Wende mit öffentlichen Geldern zumindest in Grundzügen saniert worden waren. Nach dem Notarvertrag vom 14. April 2004 (Urkunden-Rolle: 1092/2004) kassierte „das Land Brandenburg, vertreten durch das Ministerium der Finanzen“, einen Kaufpreis für die 15 000 Quadratmeter von 290 000 Euro. Das entspricht einem Quadratmeterpreis von 19 Euro. Mit den Marktwerten in dieser Gegend hatte das nichts zu tun. Nach der amtlichen Bodenrichtwertkarte lagen die Immobilien-Richtpreise zum Stichtag 1. Januar 2004 im Bereich „Griebnitzsee“ für Wohnbauland bei 230 Euro je Quadratmeter, im Babelsberger Bereich nebenan bei 220 Euro. Dass das Areal um ein Vielfaches wertvoller war, war den Finanzbehörden bekannt. Nur wenige Monate später, im November 2004, prüfte das zuständige Finanzamt – ebenfalls im Verantwortungsbereich des Finanzministeriums – bei einer Vorabprüfung die „Abschreibungseckdaten“ für die geplante Luxussanierung des Objekts „Königliche Sternwarte“ Babelsberg. Allein für die Altbausubstanz und den dazugehörenden Teilgrund erkannte das Finanzamt nun einen Realwert von 929 000 Euro an – für einen Teil der kurz vorher vom Land für 290 000 Euro verkauften Gesamtimmobilie. Für den Käufer, einen Immobilien-Investor aus Süddeutschland, war es ein einträgliches Geschäft. Nach einer „Luxussanierung“ wurden die Wohnungen inzwischen an Kapitalanleger teuer weiterverkauft.

Verantwortlich für das Geschäft zum Nachteil des Landes war die staatliche Liegenschaftsverwaltung Brandenburgs, das dem Finanzministerium nachgeordnete Liegenschafts- und Bauamt Potsdam. Inzwischen gehört es zum neuen Brandenburgischen Liegenschaftsbetrieb (BLB). Der Deal fällt in die Amtszeit von Ex-Finanzministerin Dagmar Ziegler (SPD), heute Vize-Chefin der SPD-Bundestagsfraktion. Unklar ist, ob der Verkauf im Alleingang durch die nachgeordnete Behörde vollzogen wurde. Ziegler war gestern nicht erreichbar. Brandenburgs Vermögensverwaltung im Finanzministerium ist für Affären berüchtigt. Bei der Bodenreform-Affäre um die sittenwidrige Landnahme fremder Grundstücke durch das Land hatte der Untersuchungsausschuss des Landtages im offiziellen Abschlussbericht im März 2009 „eine Verselbstständigung der Arbeitsebene des Ministeriums festgestellt.“

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