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Finanznotlage: Hilferuf der Berliner Universitäten

Berlins Universitäten droht nach eigenen Angaben ein Finanzloch von 157,2 Millionen Euro. Gestiegene Energiekosten, Instandhaltungsarbeiten, Penisonszahlungen - vor allem aber das Auslaufen der gültigen Anwendungstarifverträge machen den Universitäten zu schaffen.

Die Berliner Universitäten sehen wegen Zusatzkosten in Millionenhöhe ab 2010 ihre Arbeit gefährdet. Wie die Präsidenten und Kanzler von Freier Universität (FU), Technischer Universität (TU), Humboldt-Universität (HU) und Universität der Künste (UdK) am Montag in Berlin erklärten, drohe ein jährliches Finanzloch von 157,2 Millionen Euro. Dieses Defizit muss aus ihrer Sicht durch Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) ausgeglichen werden. Die Finanzverwaltung reagierte zurückhaltend.

Zum Mehrbedarf führen laut FU-Kanzler Peter Lange zusätzliche Pensionslasten, verschiedene Tariferhöhungen und hohe Energiekosten. Allein die wachsenden Versorgungslasten wegen zusätzlicher Pensionierungen würden ab 2010 mit 4,4 Millionen Euro zu Buche schlagen. Im Bereich Energie könnten Mehrkosten von 9,7 Millionen Euro pro Jahr nicht durch Einsparungen aufgefangen werden. Ebenso ergebe sich aus dem Ost-West-Lohnangleich an der HU eine Lücke von 1,8 Millionen Euro.

Wegen Spardiktat des Senats wurde Bausubstanz "fahrlässig vernachlässigt"

Müsse ein Urteil des Landesarbeitsgericht vom 10. September umgesetzt werden, wonach künftig auch jüngere Mitarbeiter höher entlohnt werden dürfen, drohe eine weitere "Risikokategorie". Dazu zählten auch sogenannte Drittmittel-Beschäftigte, die nicht aus den Personalkosten der Universitäten entlohnt werden. Bei Drittmitteln handelt es sich um direkt von den Hochschulen eingeworbene Mittel.

Laut Lange machen den Universitäten auch Kosten für die Bauunterhaltung zu schaffen. Alle Einrichtungen hätten in den 90er Jahren unter dem Spardiktat des Senats die Substanz "fahrlässig vernachlässigt". Das Herunterfahren der Hochschulhaushalte habe zu "immensen Schäden geführt", sagte der Kanzler. Darum sei eine Erhöhung des Bauetas "dringlichst" notwendig. Nach den Berechungen besteht für den Posten "Bauetat inklusive Instandhaltung" 2010 ein Mehrbedarf von 9,7 Millionen Euro.

"Der Speck ist weg. Wir sind am Knochen"

Die größten Belastungen entstehen den Universitäten laut Lange durch das Auslaufen der gültigen Anwendungstarifverträge 2009. Komme es zum Abschluss neuer Tarifverträge, entfielen auf die FU im Jahr 2010 Zusatzkosten von geschätzten 23 Millionen Euro. Die TU müsste 21,3 Millionen Euro schultern, die HU 15,6 Millionen und die UdK 4,6 Millionen Euro. Allein das reguläre Auslaufen des aktuellen Tarifvertrages bringe Mehrkosten von 30,9 Millionen Euro mit sich.

Im Namen der Universitätsspitzen warnte Lange: "Wer in der Stadt die Vorstellung hat, dass bei uns noch viel zu holen ist, hat noch nicht bemerkt, dass der Speck weg ist. Wir sind am Knochen angelangt." Theoretisch stünden bis zu 18.000 Studienplätze auf dem Spiel. Da diese Kürzung aber nicht in Frage komme, bliebe den Universitäten zum Beispiel nur eine Streichung von Studienangeboten.

Finanzsenator sieht keinen Anlass für Diskussionen

Eine Sprecherin der Finanzbehörde sagte, Neuverhandlungen über die 2009 auslaufenden Hochschulverträge würden "zu gegebener Zeit" geführt. Finanzspritzen richteten sich nach den Möglichkeiten. Derzeit sehe der Finanzsenator aber keinen Anlass, "sich vorzeitig auf interessensgeleitete Diskussionen einzulassen".

Grünen-Haushaltsexperte Oliver Schruoffeneger kritisierte die Weigerung des Senats, mit den Hochschulen jetzt zu reden. Dies sei "nicht akzeptabel". Auch die CDU-Fraktion sprach von einem berechtigten "Hilferuf" der Universitäten. (lee/ddp)

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