zum Hauptinhalt
Grillweltmeister Oliver Sievers (l.) schneidet den gegrillten Schweinebauch an und gibt dabei Tipps für die richtige Zubereitung.

© Tagesspiegel/Christoph M. Kluge

Fleisch und Whiskey aus Brandenburg: Wie regionale Spezialitäten-Hersteller der Inflation trotzen

Genussmittel aus der Mark werden trotz Krise und Inflation weiter gekauft. Die „Hall of Meat“ in Wildau arbeitet mit Mittelständlern aus der Region zusammen.

Der Schweinebauch brutzelt über dem Feuer. Oliver Sievers wirft einen prüfenden Blick auf das mächtige Stück Fleisch, das mit einer dicken Salzschicht bedeckt ist. Das Salz entziehe der Kruste die Feuchtigkeit und mache sie dadurch besonders knackig, erklärt der Grillweltmeister. Über ein Dutzend Gäste hören interessiert zu beim Grill-Event im Hof des Fachgeschäfts „Hall of Meat“ in Wildau, südöstlich von Berlin.

Eingeladen wurde Sievers vom Unternehmer Olaf Mahr, der den Fachmarkt für hochwertiges Fleisch aus der Region seit Mai in einem ehemaligen Supermarkt betreibt. „Wir arbeiten regelmäßig zusammen“, sagt Mahr über Sievers. Die Grill-Veranstaltungen sind gefragt.

„Infotainment“ an der Schlemmertafel

Ein Platz am Schlemmertisch kostet etwa 130 Euro. Die Gäste bekommen verschiedene Sorten Fleisch in mehreren Gängen – und einen Nachmittag voller „Infotainment“, wie Mahr es nennt, also einer Mischung aus Information und Unterhaltung.

Denn zwischen den Gängen erklärt Mahr, woher das servierte Fleisch kommt und wie die Tiere aufgezogen wurden. Zum Beispiel wird das „Märkische Kartoffelschwein“, von dem der Schweinebauch stammt, in großen Ställen gehalten und ausschließlich mit gedämpften Kartoffeln ernährt.

Das Tier wächst stressfrei auf, was sich auch auf die Beschaffenheit des Fleisches auswirkt und den Geschmack verbessert. Olaf Mahr sagt, es gehe ihm auch darum, ein Bewusstsein für nachhaltige Ernährung zu schaffen: "Esst lieber weniger Fleisch, dafür aber gutes", meint er.

Das Interesse an solchen Veranstaltungen ist offenbar auch bei Firmenkunden groß. Zwei Tage nach dem Grillnachmittag bewirtet das Team der „Hall of Meat“ zum Beispiel die Beschäftigten einer großen Bank bei deren Firmenfest in Strausberg.

Mahr sagt, er gebe grundsätzlich kein Geld für Werbung aus. Die Kundschaft werde durch Empfehlungen aus dem Bekanntenkreis auf ihn und sein Unternehmen aufmerksam.

Verbraucher sparen wegen der Inflation

Schon tags darauf kommen schon 25 Gäste zu einer Abendveranstaltung nach Wildau, der Grillweltmeister Sievers legt Fleischspieße auf den Rost. Diesmal beteiligt sich außerdem der Brotsommelier Holger Schüren aus dem nahegelegenen Heidesee, der vor wenigen Wochen mit dem Innovationspreis des brandenburgischen Wirtschaftsministeriums ausgezeichnet wurde.

Die „Hall of Meat“ ist ein ungewöhnliches Lebensmittelgeschäft. Doch womöglich funktioniert das ausgefallene Konzept in der Krise besser als das des regulären Einzelhandels. Dem Marktforschungsinstitut GfK zufolge sparen viele Deutsche momentan aufgrund der gestiegenen Inflation beim Einkauf.

Sie greifen eher zur Billigmarke aus dem Discounter als zum teureren Bioprodukt. Mahr hingegen sagt, bei ihm laufe das Geschäft weiterhin gut, obwohl die Preise bei ihm deutlich höher sind.

Und schon präsentiert er eine weitere Spezialität: Rindersteak mit Whiskeynote. Auch hierbei handelt es sich um ein Ergebnis von Zusammenarbeit. Das Fleisch kommt von einem Bauern aus Lübben, bei dem die Tiere in einer Mutterkuhherde auf der Weide leben. Und den Whiskey „Stork Club“ hat die Brennerei Spreewood im Spreewalddorf Schlepzig gebrannt – aus Roggen von regionalen Landwirten.

Olaf Mahr (l.) vor der „Hall of Meat“ in Wildau mit Bastian Heuser von der Whiskeybrennerei Spreewood

© Tagesspiegel/Christoph M. Kluge

Mahrs Fleischerteam tränkt Leinentücher in den Schnaps und wickelt das Fleisch darin ein, bevor es zur Trockenreifung in den Reifekühlschrank kommt. Dort liegt es dann für mehrere Wochen, bevor es fachmännisch zugeschnitten und verkauft wird.

Doch nicht nur das Fleisch, sondern auch den Rye-Whiskey selbst gibt es in der „Hall of Meat“ zu kaufen. Spreewood-Mitgründer Bastian Heuser liefert regelmäßig nach. Hier laufe das Geschäft gut, sagt er.

Im Gegensatz zum regulären Lebensmitteleinzelhandel, in dem seine Marke ebenfalls vertreten ist. Dort seien die Verkäufe „ordentlich eingebrochen“. Auch Heuser setzt bei der Vermarktung auf „Events und Kooperationen“ – in seinem Fall mit der Gastronomie in Berlin und anderen Großstädten.

Zum Beispiel initiierte das Spreewood-Team kürzlich die „Whiskey Sour Hour“. An der deutschlandweiten Aktion beteiligten sich insgesamt 40 gehobene Bars, zum Beispiel die Goldfisch Bar in Friedrichshain oder das Restaurant Kumpel & Keule in Kreuzberg.

Sie alle servierten ihren Gästen ein "exklusives Menü" aus drei Varianten des minimalistischen Cocktails Whiskey Sour, der nur aus Whiskey, Zitronen und Zuckersirup besteht. Über die Gastronomie verkaufe Spreewood heute mehr Flaschen im Monat als vor der Coronapandemie, sagt Heuser. Auch beim Ausgehen wird offenbar trotz Inflation noch nicht geknausert.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false