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© Kitty Kleist-Heinrich

Florist in Not: Charlottenburger Blumenladen mit Hilfsaktion gerettet

Einem Charlottenburger Blumenladen drohte das Aus, weil der selbstständige Betreiber krank wurde. Dank einer Internet-Hilfsaktion geht es doch weiter.

Friederike Rittmeyer mag Frisches. Vor allem frische Blumen. Die kauft sie einmal im Monat beim Fachhändler – am liebsten bei einem, der die Blumen genauso liebt wie sie. Die junge Mutter ist vor ein paar Monaten von Hamburg nach Berlin gezogen. Dort in Charlottenburg war „der Garten“ ihre Entdeckung. Freunde hatten ihr einen Strauß aus dem Laden in der Windscheidstraße 22 mitgebracht. Ein Schmuckstück, das sie zur Kundin von Dirk Komorr-Hoang machte.

Ein Florist aus Passion im Ein-Mann-Betrieb. „Er weiß genau, was man sucht“, schwärmt Rittmeyer. In seiner kleinen, mit Sorgfalt eingerichteten Oase auf knapp 20 Quadratmetern duftet es nach warmem Grün. Kleine, blaue Fliesen zieren den Boden, ein Mosaik glitzert in bunten Farben an der Wand, während sich eine Diskokugel an der Decke dreht.

Seit der Eröffnung vor drei Jahren verzichtete Komorr-Hoang weitgehend auf Urlaub, freie Tage oder pünktlichen Feierabend, um über die Runden zu kommen. „Nirgendwo gibt es so günstige Blumen wie in Berlin. Hier wird zwar verhältnismäßig viel Wert auf Blumen gelegt, aber es geht mehr um die Masse und den Preis. Deshalb boomt auch das Billiggeschäft mit Blumen so“, sagt Andreas Tunger, Präsident des Fachverbands Deutscher Floristen Berlin/Brandenburg. „Das ist schon ein Stück Kulturverfall. Schön ist, dass in Berlin immer wieder Idealisten auf die Idee kommen, einen Laden aufzumachen und auf gute Floristik setzen.“

Menschen wie Komorr-Hoang zum Beispiel. Seinen Laden hatte er eröffnet, weil er es nicht ertragen wollte, dass Blumensträuße so oft einfach nur gleich aussehen. Doch dann kam die Sache mit der Hirnblutung, die alles veränderte: Ausgerechnet im Winter, der finanziell besten Zeit für Blumenverkäufer, konnte der Florist monatelang den Laden nicht öffnen. Es floss kein Geld, und im Dezember glaubte er, die wachsenden Schulden nicht mehr aufbringen zu können und aufgeben zu müssen. „Ich dachte, was soll’s. Du hast dein Leben“, sagt er.

Komorr-Hoang kündigte seinen Mietvertrag und bewarb sich um einen Job in einem anderen Laden. Nach Heiligabend sollte Schluss sein mit der Selbstständigkeit. Doch dann tauchte sein Nachbar Sachar Kriwoj auf und rettete das Geschäft via Internet. „Der Garten“ ist der Lieblingsblumenladen seiner Freundin. „Wollen wir in so einer Welt leben“, schreibt der PR-Mann in seinen Blog. Die Rettungsaktion, die Anfang Dezember beginnt, nimmt ihren Lauf durchs Web: „Rettet den kleinen Blumenladen mit Herz“, heißt die Seite auf Facebook. Und Twitter spuckt unablässig neue Meldungen aus. Schließlich präsentiert Kriwoj das Projekt auf der Plattform betterplace.org, einer Spendenplattform im Internet.

„Ich hätte nicht gedacht, dass das klappt“, sagt der Florist. Doch 144 Blumenliebhaber aus ganz Deutschland, die den Charlottenburger, den Kiez und das Geschäft nicht mal kannten, spendeten 6000 Euro. Eine ältere Dame kam aus Spandau nach Charlottenburg gefahren, um dem Floristen 500 Euro zu schenken. Ihren Namen nannte sie nicht, sagte nur, dass ihr Mann gut verdient habe.

„Ich glaube, die Spender hat berührt, dass es ihr Laden an der Ecke hätte sein können“, sagt Kriwoj, dessen Freunde die noch fehlenden 4000 Euro beisteuerten. Doch, so glaubt er, ohne den Schicksalsschlag, der den Floristen ereilte, hätten die Leute sicher nicht gespendet. „Auch wenn kleine Läden es schwer haben, müssen sie sich doch wie ein wirtschaftliches Unternehmen selbst tragen können.“

Die gute Nachricht erhielt Komorr-Hoang kurz vor Heiligabend. Nun kann er im Sommer erneut ein Stück Garten vor der Ladentür arrangieren – und hat schon neue Kundinnen gefunden: Die Freundinnen Jasemin Mainka und Katrin Cunow haben den Laden durch Zufall entdeckt. „Wir mögen keine Fertigsträuße in grässliches Papier verpackt“, sagt Mainka. Ein Laden wie dieser zeige eben, dass es sich lohne, für etwas Schönes ein bisschen mehr auszugeben.

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