zum Hauptinhalt
Frust vor Abflug. Passagiere ärgerten sich über fehlende Informationen.

© Uwe Steinert

Easyjet: Fluggäste am Boden

Easyjet kämpft weiter mit Problemen – und entschuldigt sich. Der Frust ist dennoch groß. Ein Berliner Politiker saß in Nizza fest.

Schönefeld - Das Durcheinander bei der Fluggesellschaft Easyjet hat sich auch am Sonntag fortgesetzt. So wurde ein Flug nach Budapest kommentarlos gestrichen. „Wir wissen nichts. Gar nichts“, lautete die Antwort des Personals an den Schaltern der Billig-Airline auf dem Flughafen Schönefeld. Die Mitarbeiter haben nach eigenen Angaben keinen Draht zur Fluglinie. Passagiere standen ratlos in der Abfertigungshalle herum. „Wir sind völlig bedient“, sagte Katrin Inzehofer. „Wir wollten zu sechst zurück an unseren Arbeits- und Wohnort Budapest und sind jetzt aufgeschmissen.“ Als Alternative bliebe nur der Kauf eines Flugtickets bei Lufthansa oder der ungarischen Malev für rund 700 Euro pro Person.

Bereits am Sonnabend waren sechs Easyjet-Flüge ausgefallen. Oliver Aust, Pressesprecher der größten britischen Fluggesellschaft und der viertgrößten in Europa, entschuldigte sich am Sonntag für die neuerlichen Probleme. Die Flugstreichungen seien eine Folge der europaweiten Fluglotsenstreiks, so Aust. Dadurch ergäben sich Verzögerungen, infolge derer Piloten und Kabinenpersonal fehlen, weil sie nicht pünktlich zur Arbeit an die Airports gebracht werden könnten.

„Wir haben mit diesen Fluglotsenproblemen in Frankreich, Griechenland, Spanien und Italien zu kämpfen, und für diese Woche sind neue Streiks angekündigt“, sagte Aust. Da bei Easyjet 60 Prozent des Geschäfts über den französischen Luftraum laufen, sei die Gesellschaft mit derzeit 130 000 beförderten Passagieren tagtäglich bei 1200 Flügen besonders betroffen. Man müsse Frankreich oft umfliegen, dadurch gebe es eine Verkettung von Schwierigkeiten, Crews rechtzeitig von A nach B zu bekommen. Französische Gesellschaften hingegen würden im Inland von den Lotsen vorgezogen.

Andere Fluggesellschaften haben mehr Personal im Standby, das dann eingesetzt werden kann, hieß es. Bei Easyjet seien viele Kollegen mit dem Einspringen für Fluglotsenstreik-Engpässe ausgelastet, sagte der Easyjet-Sprecher. Das Personal werde aber weiter aufgestockt. Rund 100 Piloten und 200 Flugbegleiterinnen leben in der Region Berlin, sie seien mit deutschen Arbeitsverträgen eingestellt. Es gebe jetzt auch einen Betriebsrat, seit Mai. „Wir stellen weitere Kollegen ein“, sagte Aust. Für die Sommersaison seien jetzt zudem drei Flugzeuge inklusive Crews vom Anbieter Titan gechartert. „Wir haben auch die Öffnungszeiten des Easyjet-Callcenters ausgeweitet und die Personalstärke auf 900 vervierfacht.“ Viele Fluggäste beklagen aber, die Easyjet-Hotline 01805 02 9292 sei mit einem Euro Gebühr pro Minute viel zu teuer, und bei den beiden Telefonkabinen am Flughafen hänge man ewig in der Warteschlange, auf Englisch. Entschädigungszahlungen für Passagiere gebe es nicht, so Aust, das sehe das europäische Flugrecht nicht vor. Die Fluggäste könnten gratis umbuchen oder ihr Geld zurückbekommen.

Der Frust am Flughafen war groß. „Vor allem die völlig teilnahmslose Art der Behandlung durch die Frauen und Männer am Schalter regt mich total auf“, sagte Passagier in spe Peter Inzehofer. „Denen ist unser Schicksal völlig Wurst.“ Die Mitarbeiter würden nur einen einzigen Hinweis geben: „Suchen Sie sich einen Internetanschluss und buchen Sie einen neuen Flug.“ Der nächste Computer stehe im rund 600 Meter entfernten Intercity-Hotel. Wer diesem Ratschlag folgte, fand sich in einer langen Warteschlange vor dem einzigen Bildschirm in der Hotellobby wieder. Am Nachmittag harrten gestrandete Flugpassagiere in den Sesseln aus. Das Hotel selbst lässt sich den Service gut bezahlen. Eine halbe Stunde Surfen kostet fünf Euro. Zwar sei der Service den Hotelgästen vorbehalten, aber man drücke ein Auge zu.

Andere Fluggäste begaben sich gleich auf den Bahnhof Schönefeld, um nach einer Zugverbindung nach Budapest Ausschau zu halten. Andere buchten kurzerhand einen teuren Flug nach Wien, um von dort aus ihr Ziel in Ungarn zu erreichen. Die Stimmung war buchstäblich am Boden. Leser schilderten am Sonntag, dass es in den vergangenen Wochen immer mal wieder Flugausfälle gab. Urlauber kommen zu spät oder nicht an – Reisen und Hotels waren umsonst bezahlt.

Eine Odyssee mit Easyjet erlebte der Landesvorsitzende der Berliner Linken, Klaus Lederer in Nizza. Alle saßen schon im Transitraum, da leuchtete das „Cancelled“-Zeichen auf. Das Gepäck war schon aufgegeben. Ersatz sollte es erst später geben. Lederer flog dann mit einer anderen Gesellschaft nach Stuttgart, um von dort mit dem Nachtzug nach Berlin zu reisen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false