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Berlin: Fluggesellschaften liebäugeln mit Tempelhof

Nach dem Gerichtsurteil gegen die Schließung überprüfen Airlines ihren Umzug nach Tegel. Koalition will Kosten minimieren.

Nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts gegen eine sofortige Schließung des Flughafens Tempelhof wollen mehrere dortige Luftverkehrsgesellschaften jetzt erneut prüfen, ob sie Ende Oktober tatsächlich ihren Betrieb nach Tegel verlegen – ungeachtet der mit der Flughafengesellschaft ausgehandelten Umzugsverträge. Die österreichische InterSky, die als eine der letzten Liniengesellschaften einen Wechsel abgelehnt und ihre Klage gegen die Schließung aufrechterhalten hatte, will ihre Dienste am CityAirport jetzt sogar ausweiten. Solange Tempelhof als Verkehrsflughafen geöffnet bleibt, können Landerechte nicht verweigert werden, so der Berliner Luftrechtexperte Elmar Giemulla.

Auf jeden Fall bleibt Tempelhof nun bis 2006 offen. Die SPD/PDS-Koalition will das Urteil voll akzeptieren. Ein neuer Versuch, den Flugbetrieb vorzeitig einzustellen, bringt nach Einschätzung der Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) keinen nennenswerten Zeitgewinn. Vielleicht drei Monate; mehr ist nicht drin.

Der Gerichtsbeschluss sei ärgerlich, weil er den Senat zwinge, „weiter öffentliches Geld für die Subventionierung privater Fluggesellschaften auszugeben“, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Christian Gaebler dem Tagesspiegel. Jetzt müsse versucht werden, die Kosten in Tempelhof zu minimieren. Zum Beispiel könnte die Intersky aus der Haupthalle in das Nebengebäude umziehen, wo die Passagiere der „Geschäftsflieger“ abgefertigt werden. Gaebler geht davon aus, dass die bereits nach Tegel umgezogenen Airlines nicht zurückkehren. „Außerdem dürfen keine zusätzlichen Flugverbindungen genehmigt werden.“ Notfalls werde geprüft, ob die Gebühren erhöht werden müssten. Der SPD-Landesvorstand hat sich am Sonntag während einer Klausurtagung auf diese Strategie verständigt. Für die Sozialdemokraten ist auch klar, dass in Tempelhof die Lichter ausgehen, wenn der Planfeststellungsbeschluss für den Bau des Flughafens Schönefeld 2006 rechtskräftig wird.

PDS-Verkehrspolitikerin Jutta Matuschek forderte gestern ebenfalls, für die restlichen Fluggesellschaften in Tempelhof „nur noch das Nötigste vorzuhalten“. Alle juristisch durchsetzbaren Mittel, die Ausgaben so gering wie möglich zu halten, müssten ausgeschöpft werden. 2003 machte der Flughafen ein Minus von 15,3 Millionen Euro. Von Januar bis August 2004 wurden in Tempelhof 290 000 Fluggäste abgefertigt. Das sind nur noch drei Prozent des Passagieraufkommens aller Berliner Airports. Die Betriebsverluste muss die Flughafengesellschaft (BBF) verkraften. Ob der vorläufige Gerichtsbeschluss gegen die Schließung von Tempelhof auch Auswirkungen auf den Landeshaushalt hat, lässt Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) prüfen. „Wir werden versuchen, die restlichen Fluggesellschaften auf dem Verhandlungsweg doch noch zu überzeugen, Tempelhof zu verlassen“, kündigte Senatssprecher Michael Donnermeyer an.

Auf Antrag von 62 CDU-Abgeordneten wird sich der Bundestag am 21. Oktober mit Tempelhof befassen. Danach wird die Bundesregierung aufgefordert, die Angebote privater Betreiber zu prüfen, Tempelhof in Eigenregie weiterzuführen.

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