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Flugroutenplanung: Flugsicherung dämpft Hoffnung für Wannsee

Experten halten den Vorschlag der Lärmkommission für schwer umsetzbar, bei dem Wannsee nicht überflogen werden soll. Lufthansa-Chef Franz will Schönefeld nicht als Drehkreuz nutzen.

Ginge es nach dem Willen der Fluglärmkommission, würde der Südwesten Berlins und die angrenzenden Kommunen in Brandenburg vom Lärm des neuen Flughafens in Schönefeld entlastet. Die Kommission hat am Montag mehrheitlich beschlossen, der Flugsicherung zu empfehlen, nach Starts von der Nordbahn Richtung Westen erst westlich von Potsdam Kurs gen Norden oder Osten zu nehmen. Wannsee würde dann nicht überflogen. Zudem will die Kommission, dass die Maschinen bei Starts in allen Richtungen erst frühestens in 10 000 Fuß Höhe die vorgegebene Route verlassen dürfen.

Ob die Routen tatsächlich so geflogen werden, steht aber nicht fest. Die Fluglärmkommission kann die Flugsicherung nur beraten. Die Experten prüfen, ob sich die Vorschläge umsetzen lassen; kommen sie zu dem Ergebnis, dass es nicht möglich ist, der Empfehlung zu folgen, wählen sie eine andere Route und teilen der Kommission dann nur die Gründe mit.

Der Leiter der Berliner Flugsicherung, Hans Niebergall, machte nach der Sitzung bereits klar, dass es unwahrscheinlich sei, dass die Flugsicherung der Kommission folgen werde. Sie will die Flüge „sicher, geordnet und flüssig“ abwickeln, was dazu führt, dass die Piloten auf möglichst kurze Strecken geführt werden. Dies würde zu einem Abbiegen über Wannsee führen, wie es der Tagesspiegel am Montag dokumentiert hatte. Auch ein Freigeben der Routen in frühestens 10 000 Fuß Höhe sei bisher beispiellos, sagte Niebergall. Er hatte aber auch eine gute Nachricht: Realzeitsimulationen hätten gezeigt, dass es möglich sei, unmittelbar nach dem Start die Routen zu fliegen, die die Kommission auf den vergangenen Sitzungen empfohlen hat – auch die scharfe 90-Grad-Kurve beim Start von der Südbahn Richtung Osten, um Zeuthen nicht zu überfliegen. Durch Tempobeschränkungen sei es möglich, „auf dem Strich“ zu fliegen, um bewohnte Gebiete zu umkurven.

Die Flugsicherung wägt die Vorschläge jetzt ab. Nach einer weiteren Prüfung, an der auch das Umweltbundesamt und das Bundesjustizministerium beteiligt sind, legt dann das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung die Routen fest. Dagegen sind Klagen von Anwohnern möglich, die nach Ansicht von Experten aber wenig Aussicht auf Erfolg haben. Derzeit läuft ein Verfahren um Routen am Flughafen Leipzig vor dem Oberverwaltungsgericht Sachsen in Bautzen. Auch am dortigen Flughafen waren nach Angaben des Klägeranwalts Wolfgang Baumann Flugrouten festgesetzt worden, die von den Annahmen in der Planfeststellung abwichen – so ist es zum Teil auch in Schönefeld geplant.

Auf der nächsten Sitzung am 23 . Mai will sich die Kommission auch mit den Anflügen beschäftigen. Darüber wurde am Montag nicht diskutiert. Am 6. Juni tagt das Gremium erneut. Die Vorsitzende Kathrin Schneider hofft, die Beratungen in der Kommission dann abschließen zu können.

Unterdessen hat die Flughafengesellschaft lärmbetroffene Anwohner aufgefordert, den ihnen zustehenden Schallschutz bis zum 2. Juni zu beantragen. Dann könnten die Anlagen – etwa Schallschutzfenster und Lüfter – bis zur geplanten Eröffnung des Flughafens am 3. Juni 2012 eingebaut werden. Antragsberechtigt sind bisher aber nur Bewohner innerhalb des festgesetzten Lärmbereichs, der auf Basis von Geradeausflügen bei Starts von beiden Bahnen in beide Richtungen ermittelt worden war. Jetzt könnten sich die Routen aber ändern, was sich auf die Zahl der Anspruchsberechtigten auswirken kann. Anträge können innerhalb von fünf Jahren nach der Inbetriebnahme des Flughafens gestellt werden. Änderungen durch andere Flugrouten würden berücksichtigt, teilte der Flughafen mit. Für das Schallschutzprogramm sind bisher 140 Millionen Euro vorgesehen.

Die Lufthansa wird am neuen Flughafen BBI kein Drehkreuz für Umsteigeflüge einrichten. Das hat der neue Vorstandschef Christoph Franz gestern gegenüber dem Fernsehsender ntv bekräftigt. Auf der Hauptversammlung in der vergangenen Woche hatte Franz erklärt, dass man beabsichtige, das Engagement in der Hauptstadt auszubauen. Ein Lufthansa-Team unter der Leitung des Top-Managers Josef Bogdanski prüft bis zum Sommer die Möglichkeiten. Offenbar soll eine Angebotserweiterung aber vorrangig über ausländische Partnergesellschaften aus dem Star Alliance-Bündnis erfolgen. Continental Airlines fliegt bereits erfolgreich zwischen Berlin und New York. Mit Frankfurt und München verfüge die Lufthansa indessen über zwei Mega-Drehkreuze, sagte Franz. (mit du-)

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