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Flutkatastrophe: Pakistaner in Berlin sorgen sich um ihre Familien

Viele Pakistaner in Berlin machen sich Sorgen um ihre Familien im Gebiet der Flutkatastrophe. Einige fliegen hin, um zu helfen.

Berlin - Wenn man Irfanullah Khan so als Sicherheitsfachkraft in Uniform im Pergamonmuseum sieht, wirkt er wie die Ruhe in Person. Doch das täuscht. In Gedanken ist der 34-jährige gebürtige Pakistaner bei seiner Frau und innerlich völlig aufgewühlt. „Wenn ich frei habe, rufe ich sie alle zwei Stunden über Handy an“, sagt der Mann aus Wedding. „Unser Haus in Charsadda in Nordpakistan ist zerstört, und meine Frau Seama lebt jetzt in einem Notzelt auf der Straße.“ Khan ist einer von rund 5000 Pakistanern in Berlin. Und weil die Flutkatastrophe immer noch kein Ende kennt, sind viele von ihnen in ständiger Sorge um Familie und Freunde. Zahlreiche Landsleute gehen jetzt zum Beten in die Khadija-Moschee der pakistanischen Ahmadiyya-Gemeinde in Heinersdorf.

Die helle Moschee steht inmitten von Fastfood-Restaurants, Tankstellen, Einfamilienhäusern und Gewerbehöfen. Der grüne Rasen ist akkurat geschnitten. In seinem Büro mit traditionellem Lehm als Schmuck an der Wand senkt Imam Abdul Basit Tariq (63) den Kopf. „Ich kenne viele der überschwemmten Regionen, ich habe dort als junger Mann gelebt und gepredigt“, sagt er. Der zweifache Vater lebt seit 1982 in Deutschland, seit zehn Jahren in Berlin. Doch mit dem Herzen ist er jetzt in der Heimat. Er betet ständig für seine Landsleute. „Ich gucke immer den Nachrichtenfernsehsender ARY, Prime TV und PTV Global, um die Nachrichten direkt aus Pakistan zu erfahren.“ Seine alten Freunde in den Dörfern kann er immer noch nicht erreichen, viele Orte sind Schlamm und Schutt.

Als er von der früheren Zeit dort erzählt, strahlen seine Augen. 1975 lebte der Imam im Dorf Kaki Noo nahe der Stadt Sharkat, „doch die Lebensweise hat sich bis heute nicht geändert. Die Männer stehen früh auf, gehen aufs Feld. Dann kommen gegen Mittag die Frauen, reichen ihrem Mann im Schatten selbstgebackenes Fladenbrot.“ Wasser bekommt man dort nur aus Pumpbrunnen, diese sind jetzt verseucht, Millionen Stück Vieh ersoffen oder es muss notgeschlachtet werden, weil kein Futter mehr wächst. Deswegen leiden viele Verwandte der Berliner Pakistaner Hunger, sind krank und verletzt. Wenn es mal Gemüse und Obst zu kaufen gibt, ist das vielfach unbezahlbar teuer, die Fleischpreise sind hingegen wegen des Überangebots gesunken.

Nun sammelt die Heinersdorfer Gemeinde für ihre Landsleute in Pakistan, Gemeinden dort verteilen die Güter. Auch deutsche Kovertiten wie Enrico Isa Musa trösten die Menschen pakistanischer Herkunft in Berlin, für die die vermeintlich ferne Katastrophe ganz nah ist.

Wie für Irfanullah Khan aus Mitte. Er ist seit 1997 in Berlin, 2009 hat er seine Frau geheiratet, für einen geringen fünfstelligen Betrag das Haus mit drei Zimmern für die Familie in Charsadda gebaut, für seine Mutter, seine Schwester. Nun sind sie alle obdachlos, die Werte hin. „Ich schicke Geld und sage, das bekommen wir wieder hin, ich gehe doch arbeiten“, sagt der Wachschützer. Jetzt hat er sich ein Flugticket gekauft: Islamabad, über Doha, Katar. „Meine Familie braucht mich, vier Wochen werde ich mit anpacken.“ Sein Arbeitgeber habe ihm dafür zwei von vier Wochen Sonderurlaub spendiert.

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