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Folge 13: Gynäkologie: Gynäkologie mit dem Skalpell

Wucherungen in der Gebärmutter oder den Eierstöcken werden oft operiert. Ein weitreichender Eingriff in den weiblichen Körper, der nicht immer nötig ist

Zuerst verspürte sie einen unangenehmen Druck im Bauch, irgendwann bekam sie den Reißverschluss ihrer Hosen nicht mehr zu. Aber wer Yvonne Heyne (Name geändert) sieht, der ahnt, dass so eine Frau nicht in kurzer Zeit eben mal ein paar Pfunde zulegt. Eine kleine Frau, 38 Jahre alt, einssechzig groß. Das mädchenhafte Gesicht und die dünne, blasse Haut passen zu ihrer zierlichen Gestalt.

Im März 2006 erfuhr Yvonne Heyne, dass in ihrer Gebärmutter eine gutartige Geschwulst wucherte, ein Myom. Etwas, das häufig ist und bei 6000 Berliner Frauen jährlich zu einer Operation führt. Die Gynäkologin sagte: Das kranke Organ muss raus und überwies ihre Patientin in die Park-Klinik Weißensee. Zwei Wochen Krankenhaus, und es sei ausgestanden. Solch eine Operation bedeutet aber auch, dass eine Frau keine Kinder mehr bekommen kann. Aber darüber habe sie nicht lange nachgedacht, sagt Yvonne Heyne: „Ich wollte nie welche.“

Dieter Johannsmeyer, GynäkologieChefarzt der Park-Klinik, operierte sie. Die Wucherung hatte das Normalgewicht der Gebärmutter fast verzwanzigfacht. Allein das Myom wog 1,3 Kilogramm. Das ist viel. Normalerweise bringt so eine Geschwulst zwischen 250 und 500 Gramm auf die Waage.

Warum Myome entstehen, ist unklar. „Könnte sein, dass die Östrogene, die weiblichen Hormone, etwas damit zu tun haben“, sagt Johannsmeyer. Möglicherweise habe auch die genetische Veranlagung darauf Einfluss.

Die Wucherungen in der Gebärmutterwand verursachen Unterleibsschmerzen, da sie auf Blase oder Darm drücken. Sie können auch die Regelblutung stören. Werden sie nicht entfernt, wachsen sie weiter, pressen benachbarte Organe im Bauch zusammen. Aber: „Die operative Entfernung muss an letzter Stelle stehen – wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind“, sagt Johannsmeyer.

Eine Alternative, die von der Größe des Myoms abhängt, ist zum Beispiel ein organerhaltender Eingriff, bei dem der Arzt nur die Myome herausnimmt. Eine andere Option ist die Verödung der Blutgefäße, die die Geschwulst mit Nährstoffen versorgen – im Fachjargon Myomembolisation genannt. Dieses Verfahren, das unter anderem am Charité-Institut für Radiologie in Mitte angewandt wird, ist eine Art künstlicher Infarkt. Dazu wird ein langer, sehr dünner Kunststoffschlauch, ein Katheter, in die Arterie im rechten Oberschenkel eingeführt und über die Blutbahnen bis zu den Gefäßen der Gebärmutter vorangeschoben, die mit dem Myom verbunden sind. Durch den Schlauch werden kleine Plastikkügelchen eingespritzt, die in den Adern hängen bleiben und sie verstopfen. Im besten Fall stirbt das Gewebe des Myoms danach ab.

Wenn die Totalentfernung der Gebärmutter nötig wird, dann wählen die Ärzte am häufigsten den Weg über die Vagina – bei nahezu 70 Prozent der Patientinnen. Die Wunde verheilt hierbei schneller. Bei dieser Methode zieht der Operateur die Gebärmutter, die zwölf Zentimeter über dem Scheideneingang sitzt, Stück für Stück aus dem Körper heraus. Die Schnittwunden werden sofort mit einer Zange, die durch starke Stromstöße erhitzt wird, „verkocht“ und so verschlossen. Es fließt fast kein Blut. Nach 15 bis 60 Minuten ist so ein Eingriff überstanden.

Eine minimalinvasive Operation, wegen der kleinen Schnitte auch Schlüsselloch-Eingriff genannt, nimmt dagegen bis zu drei Stunden in Anspruch. Jede zehnte Frau, deren Gebärmutter entfernt werden muss, wird so operiert. Die Methode gilt als schonender.

Für Yvonne Heyne waren das alles keine Möglichkeiten. Denn die Wucherung war zu groß. Also musste Chirurg Johannsmeyer den Bauch öffnen. Der Eingriff hat eine 20 Zentimeter lange Narbe von ihrem Bauchnabel bis zum Unterbauch hinterlassen. Dieser Weg über einen Bauchschnitt dauert eine Stunde, maximal 90 Minuten.

Die Hälfte aller Frauen habe Myome, sagt Johannsmeyer – und nicht immer müsse man operieren, weil sich die Geschwulste von selbst wieder zurückbildeten. „Leider kommen auch Frauen zu uns, denen man zur Entfernung der Gebärmutter geraten hat – obwohl das nicht nötig wäre“, sagt der Mediziner. Dann schicke er die Patientinnen wieder nach Hause. „Manchmal auch im Widerstreit mit dem einweisenden Arzt.“

Ähnliche Probleme gibt es auch bei den operativen Eingriffen an den Eierstöcken (Ovarien). Diese werden nötig, wenn sich eine gutartige Wucherung oder auch eine bösartige Neubildung – ein Krebsgeschwür – in den Ovarien gebildet hat. Doch immer noch – so ein Vorwurf, der auch von den Experten der Düsseldorfer Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung (BQS) erhoben wird – werde zu häufig eine ganz normale Zyste operiert. Das ist ein meist vier bis sechs Zentimeter großer, flüssigkeitsgefüllter Hohlraum, der sich während des Regelzyklus in den Eierstöcken bildet und auch wieder von allein verschwinde. Er platzt beim Eisprung.

Eine Entfernung sei bei diesen so genannten Funktionszysten medizinisch nicht angezeigt, sagt Herbert Mecke, Direktor der Klinik für Gynäkologie am Vivantes-Klinikum Auguste Viktoria. „Erst, wenn sich diese nicht am Ende des Zyklus zurückbilden, dann muss der Chirurg eingreifen und sie entfernen.“

Das muss er auch bei der Endometriose. So bezeichnet der Mediziner Ansammlungen von Gebärmutterschleimhaut, die sich aus bisher unklaren Gründen über die Eierstöcke in den Bauchraum ausbreitet und dort zu Verklebungen und schädlichen Zysten führen können. Im schlimmsten Falle stören sie so die Eizellreifung und können zur Unfruchtbarkeit führen.

Die durch Endometriose verursachten schädlichen Zysten enthalten ein bräunlich zähes Sekret aus Menstruationsblut, weshalb sie auch – als Laie denkt man: irgendwie unpassenderweise – als „Schokoladenzysten“ bezeichnet werden. Und können unbehandelt bis auf eine Größe von 15 Zentimeter und mehr heranwuchern. Hierbei ist eine operative Entfernung unvermeidelich – und meist mit der schonenden minimalinvasiven Technik über kleine Schnitten im Unterbauch. Der Arzt könne diese Hohlräume, die oft mit einer harten Schale in der Wand des Eierstocks sitzen, gut herausschälen, ohne das Gewebe zu beschädigen, sagt Mecke. Anschließend werde der Eierstock wieder vernäht: „Da besteht kein Risiko für die Fruchtbarkeit, im Gegenteil. Damit erhalten wir sie.“

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