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Anderer Blickwinkel. Bekannte Motive, ungewöhnlich zusammengesetzt. Hier das Café Kranzler.

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Berliner Sehenswürdigkeiten: Fotografien - so schön wie gemalt

Florian Lonicer hat spezielle Fotografien von Berliner Touristenattraktionen gemacht. Festgehalten aus verschiedenen Blickwinkeln und von verschiedenen Standorten aus.

Der Schriftzug ist gut zu erkennen, er thront ja auch über allem. Kranzler,das berühmte Café am Ku’damm. Aber darunter beginnen die Farben, die Formen langsam zu zerfließen. Die berühmte Terrasse, auch noch gut zu erkennen, aber dann wird es schwammig, dann lösen sich die Konturen auf, die Farben werden dunkler, sie gehen von dunklem Blau bis, ganz am Boden, ins Grauschwarze. Dazwischen, wie Leuchtbojen auf dem Wasser, rote Punkte. Man kann es nicht sehen, höchstens erahnen, die Punkte sind die Ampeln vor dem Café Kranzler.

Und auch wenn es nicht leicht zu erkennen ist: Dieses Werk ist kein Gemälde, es ist Fotografie.

Gemacht hat es Florian Lonicer für seine Serie „Berlinansichten“. Es sind ganz spezielle Fotografien, die jetzt im Restaurant Z in der Friesenstraße in Kreuzberg zu sehen sind. Gerade erst hat der Tagesspiegel-Karikaturist Klaus Stuttmann hier einige seiner Werke gezeigt.

Orte, die jeder kennt

„Berlinansichten“, das sind Fotos bekannter Motive, die jeder Berliner und jeder Tourist kennt. Monumente wie das Brandenburger Tor oder der Reichstag, Hunderttausende Male fotografiert. Aber Lonicer hat sie nicht bloß einmal fotografiert. Mit seiner Nikon 810 näherte er sich ihnen aus verschiedenen Blickwinkeln, von verschiedenen Standorten aus.

Hunderttausend Mal fotografiert, das bedeutet aber auch hunderttausend verschiedene Empfindungen für das gleiche Gebäude. Lonicer fängt diese emotionale Vielfalt auf. Der Reichstag zum Beispiel: „Den sieht man schon räumlich von verschiedenen Seiten, schon deshalb wirkt er anders auf jeden einzelnen Betrachter“, sagt Lonicer, der in den USA Fotografie studierte. „Dazu kommen andere Aspekte. Der eine verbindet mit dem Reichstag eine wunderschöne Erinnerung, der andere denkt daran, dass sein Bruder dort arbeitet. Jeder hat einen anderen Zugang zu diesem Bau.“

Elefantentor am Zoo.
Elefantentor am Zoo.

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Diese Individualität fängt er mit seiner Technik ein. Das Café Kranzler hat er von 25 verschiedenen Standorten aus fotografiert, die Weltuhr auch. Zwischen 50 und 200 Fotos produziert er pro Monument. So unterschiedlich wie die Motive, so unterschiedlich ist die Zeit, die er jeweils dafür verwandte. Das Brandenburger Tor oder den Potsdamer Platz hat er mehrmals besucht und fotografiert, das Kranzler-Eck war nach einer Stunde und 50 Fotos erledigt. Das Tempelhofer Feld, logisch, war nicht einfach auf Film zu bannen, bei der Größe und der Vielfalt der Motive. 70 bis 80 Fotos hat er von dem riesigen Areal gemacht.

52 "Berlinansichten"

Die besondere Idee hinter dem Projekt entfaltet sich am Computer. Die einzelnen Fotos eines Monuments, aus verschiedenen Blickwinkeln fotografiert, vereint Lonicer hier zu einem Werk. Sie liegen übereinander, die Fotos, in Schichten, so dass die klaren Konturen, die auf den einzelnen Fotos noch zu sehen sind, zerfließen. Und am Ende sieht wieder jeder Betrachter die dargestellten Sehenswürdigkeiten ganz unterschiedlich. „Jedes Bild stellt die Wahrnehmung einer Person dar. Das Gesamtbild ist die Summe der Wahrnehmung verschiedener Leute“, sagt Lonicer.

Sieben Bilder stellt der 42-Jährige aus, insgesamt 25 „Berlinansichten“ hat er bisher fotografiert. In Kreuzberg zu sehen sind unter anderem Elefantentor am Zoo, Reichstagsgebäude, Olympiastadion, Gasometer.

Weltzeituhr am Alexanderplatz.
Weltzeituhr am Alexanderplatz.

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Im Herbst 2016 hat Lonicer sein Projekt mit dem Französischen Dom begonnen. Es war sein zweites, nachdem er 2103 nach Berlin gekommen ist, nach einer Jugend in Osnabrück, einem Studium am Orange Coast College, Kalifornien, und einigen Jahren in Trier. Das erste Projekt des früheren Regionalliga-Basketballers heißt „Haarschnitt“. Lonicer fielen die kreativen Namen mancher Friseursalons auf. Pony & Clyde, Kaiserschnitt, Komm Hair – alles geht, so scheint es. Lonicer fotografierte Namen und Läden und befragte die Inhaber. „Wie kommen Sie auf diesen Namen?“ Die Antworten wurden Teil des Projekts. „Besser hätte ich Berlin gar nicht kennenlernen können“, sagt Florian Lonicer in seiner Wohnung an einem langen Esstisch, auf dem er sorgfältig weitere Fotos seiner „Berlinansichten“ ausgebreitet hat.

Zu Beginn seiner „Berlinansichten“ hat Lonicer viel in Schwarz-Weiß fotografiert. „Aber dann stellte ich fest, dass mir Farben besser passen und mehr Leben bringen. Die Bilder sind dynamisch, und die Farben unterstreichen das.“

Aber Farben und Bewegung bedeuten ja nicht, dass ein Werk unbedingt gut wird. Das Flughafengebäude in Tempelhof hat Lonicer ungefähr 80 Mal fotografiert. „Das Ergebnis gefällt mir nicht. Daran muss ich noch arbeiten.“ Mit einer logischen Konsequenz: In der Ausstellung ist das Motiv nicht zu sehen.

Ausstellung „Berlinansichten“, bis Ende . Restaurant Z, Friesenstraße 12, Kreuzberg.

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