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Handarbeit. Holly Jade O’Leary näht die Kostüme für ihr Musical selbst.

© Alessandra Mannisi

Fotoserie "Souls in a Box": Ein kosmisches Rock'n'Roll-Musical für Berlin

Holly Jade O’Leary arbeitet mit Künstlern, Musikern und DJs an ihrem ersten Musical – das sphärische Qualitäten mitbringt. In das Gebäude, in dem das Werk aufgeführt werden soll, ist sie auch gleich eingezogen. Die Fotografin Alessandra Mannisi hat sie für ihre Serie "Souls in a Box" porträtiert.

Die zierliche blonde Person mit der Kapitänsmütze läuft schnurstracks über den Flur, hinter ihr eine leicht bekleidete junge Frau. „Das ist eine Art Maria-Magdalena-Figur“, sagt Holly Jade O’Leary und guckt grinsend unter ihrer Mütze hervor. Das Kostüm hat die 29-Jährige selbst genäht und außerdem das Stück geschrieben, in dem es erscheinen soll. Sie nennt es ein „kosmisches Rock-’n’-Roll-Musical“. Mit 25 Schauspielern und Musikern wird das Werk „Travellers of the Stars and Void“ ein paar Tage später hier aufgeführt werden, im „Greenhouse Berlin“. Das Projekt bietet Künstlern in Tempelhof in einem großen grünen Gebäude im Industriegebiet südlich des Tempelhofer Felds Räumlichkeiten für ihre Arbeit an.

Hier, in acht Räumen im ersten Stock, werden Holly Jade O’Leary und ihre Theaterkompanie das Musical aufführen und dabei von Raum zu Raum ziehen. Seit gut einem Jahr arbeitet O’Leary an dem Werk. Also ist sie auch gleich selbst ins Greenhouse eingezogen, so wie viele andere Künstler, Musiker, DJs. „Mein ganzes Leben ist um meine Arbeit herum aufgebaut“, sagt O’Leary. Als sie für die Fotoserie „Souls in a box“ von Alessandra Mannisi fotografiert wurde, lebte sie noch in einem 14-Quadratmeter-Zimmer in Lichtenberg. Monatelang hat sie sich dort zurückgezogen und an den Kostümen genäht, alles aus recyceltem Material. „Das war eine sehr introvertierte Zeit für mich“, sagt O’Leary – und das sieht man den Fotos an. Das feenhafte Wesen auf den Bildern würde man kaum mit dieser quirligen Person in Verbindung bringen, im goldenen Rock und mit großen Kreolen an den Ohren. Die Kapitänsmütze bleibt auf dem Kopf. Sie passt zu der kleinen Frau, die hier die Theaterkompanie durch die Planung steuert.

Jetzt geht sie hoch in ihr Zimmer, gefolgt von der Schauspielerin im Maria-Magdalena-Outfit, die sich dort umziehen möchte. O’Learys Zimmer im Greenhouse ist im siebten Stock, einmal durch eine Glastür, an der der Aufdruck „Arbeitsamt Berlin Südwest“ klebt. Man sieht noch, dass es sich hier um Bürozimmer handelt – ein typischer Büroflur mit grauem Teppichboden führt vorbei an den Toiletten, an der Küche, bis irgendwann O’Learys Zimmer abgeht.

Statt Aktenordnern und Papierstapeln verbirgt sich jetzt hinter der Tür O’Learys kleiner Kosmos mit Kostümen, die sie für das Stück genäht hat, und anderen, die sie bei ihren Auftritten als Showgirl und Performancekünstlerin trägt. Tücher, Fächer, Schmuck, Schatullen und die Möbel, die sie auf der Straße gefunden hat, sind dieselben, die sie schon in Lichtenberg hatte. Jetzt aber hat sie mehr Platz dafür.

Aus dem Nachbarzimmer dröhnt ein harter Bass herüber, ein Musiker ist wohl am Üben oder er komponiert gerade. Ob sie das nicht auf Dauer auch mal störe? Holly Jade O’Leary lacht. „Der arbeitet für mich. Er macht gerade den Soundtrack.“

Seit Oktober 2013 ist O’Leary in Berlin. Zuvor hat sie sechs Jahre in London als Agenturmanagerin gearbeitet – mit großer Leidenschaft. Sie liebte die Arbeit und ihre Kollegen – „meine Familie“, wie sie sagt. Doch London sei eine sehr dicht bevölkerte Stadt, „überfüllt, teuer und die Leute haben eine Menge Stress“. Außerdem habe der Job in der Agentur immer bedeutet, für jemand anderen zu arbeiten. In Berlin habe sie das Gefühl, sie könne alles verwirklichen, was sie wolle, ohne dass sich ihr etwas in den Weg stelle. „Hier konnten meine Ideen von Anfang an blühen und blühen und blühen.“ Als sie ankam, hatte sie sich ein Ziel in den Kopf gesetzt: das „kosmische Rock-’n’-Roll-Musical“ zu schreiben. Thema des Werks: „Dass man seine eigene Realität kreieren kann. Und das dann ins Alltagsleben übertragen kann.“

Über den Winter möchte sie das Musical weiter „aufpolieren“ – und möglichst jemanden finden, der eine Tour finanziert. Doch das Ziel, mit dem sie nach Berlin kam, hat sich schon erfüllt: Holly Jade O’Leary ist jetzt also, neben vielem anderen, Musical-Autorin und -Regisseurin. Was als Nächstes kommt? „Ich möchte richtig gut an der Gitarre werden“, sagt O’Leary. Wenn erst einmal der größte Trubel mit dem Musical vorüber ist, wird sie sich der neuen Aufgabe widmen. Schon jetzt nimmt sie sich ab und zu mal einen Tag heraus und übt dann – bis zu acht Stunden am Stück. So macht sie Schritt für Schritt einen Traum nach dem anderen wahr.

Die Website der Künstlerin: www.travellersofthestarsandvoid.com

Weitere Folgen unserer Serie "Zu Hause in Berlin" finden Sie hier.

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