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Besucher und Journalisten mussten am Donnerstag eine parlamentarische Fragestunde im Berliner Abgeordnetenhaus verlassen.

© dpa

Fragestunde im Abgeordnetenhaus: Psst, geheim! Berliner Opposition wirft Besucher raus

Kurioser Vorgang im Berliner Parlament: Die Opposition schloss die Öffentlichkeit aus. Grund waren Fragen zu einem bewaffneten Rechtsradikalen in Berlin.

Von Sabine Beikler

Die Öffentlichkeit wurde am Donnerstag auf der Sitzung im Abgeordnetenhaus für eine Stunde ausgeschlossen. Ausgerechnet in der spontanen Fragestunde, in der die Opposition die Regierung öffentlich befragen und Antworten verlangen kann. „Das  höchste Gut eines Parlaments“, wie ein Regierungsmitglied gestern sagte. Und dieses Rechts hat sich das Parlament selbst beraubt – auf Betreiben der Opposition. 

Hintergrund waren Medienberichte über einen mit Waffenschein und mehreren Schusswaffen ausgerüsteten Rechtsradikalen, der im Zusammenhang mit dem geplanten Containerdorf für Flüchtlinge in Buch zu Gewalt aufruft. Die Grünen-Abgeordnete Clara Herrmann wollte von Innensenator Frank Henkel (CDU) wissen, was zum Schutz der Flüchtlinge getan werde und fragte auch nach diesem konkreten Fall. Henkel verwies darauf, dass er aus verfassungsschutzrechtlichen Gründen darüber nicht konkret werden könne und sich strafbar machen würde, sollte er in der Öffentlichkeit darüber sprechen. 

Ausschluss der Öffentlichkeit ab 20 Prozent der Stimmen

Daraufhin beantragte Stefan Zillich, parlamentarischer Geschäftsführer der Linken, den Ausschluss der Öffentlichkeit. Zunächst wurde darüber abgestimmt, ob der Antrag auf Nichtöffentlichkeit zugelassen werde. Laut Geschäftsordnung kann auf Antrag von 20 Prozent der Abgeordneten die Öffentlichkeit „für bestimmte Angelegenheiten“ ausgeschlossen werden. 

Besucher und Journalisten mussten ihre Plätze verlassen, die Laptops mussten geschlossen und Kameras ausgemacht werden. Die Jalousien der Fenster zum Plenarsaal wurden heruntergelassen, die runden „Bullaugen“ in den Türen der Medienkabinen mit Blick in den Plenarsaal erhielten nicht transparente Aufsätze, der Raum sogar noch einen Sichtschutz. Die Linken, die Piraten und die Grünen stimmten für Geheimhaltung, die Koalition enthielt sich, und die CDU beantragte daraufhin die Sitzung des Ältestenrats. 

Dort wurde dem Vernehmen nach diskutiert, wie man die Nichtöffentlichkeit „verlässlich“ herstelle. Man debattierte also über die Geschäftsordnung. Die Koalition ärgerte sich danach über die „Skandalisierung“, die die Opposition versuche, weil sie unterstelle, der Staat in Person von Henkel würde etwas vertuschen wollen. 

Keine weiteren Infos von Henkel

Zillich sagte, er habe mit dem Antrag dem gesamten Parlament die Möglichkeit geben wollen, „überhaupt eine Antwort zu bekommen“. Er gestehe zu, dass es „eine schwierige Geschichte ist, die Öffentlichkeit auszuschließen“. Benedikt Lux, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen, sagte, seine Fraktion habe „aus Respekt vor dem Antrag der Linksfraktion“ zugestimmt, außerdem habe Henkel „nicht zu unserer Zufriedenheit auf die Frage“ von Herrmann geantwortet. Der Amtskollege der Piraten, Heiko Herberg,  erklärte die Zustimmung mit der generellen Antwort von Henkel. Man könne „Punkte von Fragen“ öffentlich beantworten.

Nach dem Ältestenrat ging die Sitzung weiter. Henkel gab auch ganz „im Geheimen“ keine weitergehenden Informationen preis. Der Innensenator hatte sich im Übrigen über diesen „Fall“ im richtigen Gremium, dem nichtöffentlich tagenden Verfassungsschutzausschuss, geäußert. Fazit dieser Unterbrechung: kein Erkenntnisgewinn. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Torsten Schneider, bezeichnete den Vorgang als „Quatsch“ – und zwar öffentlich.

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