zum Hauptinhalt

Berlin: Fragwürdiges Geschäft

Spreedreieck: Opposition bemängelt Auskünfte des Senats und will einen Untersuchungsausschuss

Das missratene Grundstücksgeschäft am Spreedreieck, wo der Hamburger Investor Harm Müller-Spreer ein Bürohochhaus baut, wird wohl bald einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beschäftigen. Obwohl der Senat gestern im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses geradezu demonstrativ bemüht war, die Fragen der Opposition zu beantworten und Aktenmaterial zur Verfügung zu stellen, waren CDU, Grüne und FDP am Ende nicht zufrieden.

Alle drei Fraktionen hatten schon am Dienstag vorauseilend den Beschluss gefasst, bei mangelnder Aufklärung der Spreedreieck-Affäre im Hauptausschuss einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Das ist ein wichtiges Minderheitenrecht der Opposition, nach deren Meinung in diesem Fall ein Schaden von mindestens 24 Millionen Euro für das Land Berlin entstanden ist. Die SPD-Abgeordnete Dilek Kolat äußerte starke Zweifel an dieser „völlig gegriffenen Zahl“, die der Grünen-Haushälter Jochen Esser gestern im Hauptausschuss wieder nannte.

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hielt der Opposition entgegen, dass der Senat erfolgreich Schadensbegrenzung betrieben habe. Nachdem der Kaufvertrag für das Areal vor dem Bahnhof Friedrichstraße aus dem Jahr 2000 durch vermögensrechtliche Ansprüche der Bahn AG ins Wanken geriet, hätten Schadensersatzforderungen des Investors in Höhe von 27, 4 Millionen Euro gedroht. Hohe Prozesskosten nicht eingerechnet. Bei einer Rückabwicklung des Geschäfts, die laut Kaufvertrag möglich gewesen sei, wäre sogar ein Schaden von 45 Millionen Euro entstanden. „Deshalb war es geboten, sich einvernehmlich zu einigen“, sagte Sarrazin. Zumal die – juristisch unabwendbaren – Flächenansprüche der Bahn im Eingangsbereich der S-Bahn für den Investor unzumutbare Einschränkungen mit sich gebracht hätte.

Sarrazin verteidigte den bis November 2004 ausgehandelten Ergänzungsvertrag mit Müller-Spreer, der wegen der komplizierten Umplanungen notwendig wurde, als ein für beide Seiten „wirtschaftlich günstiges Arrangement“. Der damalige Finanz-Staatssekretär Hubertus Schulte, der die Vereinbarung ausgehandelt habe, „war so stolz darauf, dass eine Kopie in seinem neuen Amtszimmer hängt“. Schulte ist jetzt Chef der Bremer Senatskanzlei. Dann wies Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) den Vorwurf der Opposition zurück, dass dem Investor über die – 2004 vereinbarte – Entschädigung hinaus (17 500 Quadratmeter Geschossfläche mehr und 8,7 Millionen Euro) weitere 3000 Quadratmeter „geschenkt“ worden seien.

„Im Zusatzvertrag war eine Variierung der zusätzlichen Geschossfläche je nach Bauentwurf vereinbart“, so Junge-Reyer. Dem hätten SPD, Linke, CDU und FDP im Bauausschuss des Parlaments im August 2006 zugestimmt. „Es gab keine Nebenabreden mit dem Investor, das gesamte Verfahren war völlig transparent.“ Den Haushältern der Opposition erschien dies alles auch nach dreistündiger Befragung der beiden Senatsmitglieder zu wenig plausibel. Sie wollen Einsicht in alle Unterlagen, was nur über den Weg des Untersuchungsausschusses möglich ist. Das Gremium wird sich voraussichtlich erst im Mai konstituieren. za

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false