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Berlin: Frauen wollen raus aus Asylheimen Flüchtlinge beklagen Übergriffe von Männern

Potsdam - Vier Jahre lebte sie in einem Asylbewerberheim. Vier Jahre lang fühlte sie sich dort ständig unsicher.

Potsdam - Vier Jahre lebte sie in einem Asylbewerberheim. Vier Jahre lang fühlte sie sich dort ständig unsicher. „Als allein stehende Frau ist man da nur eine Art sexuelles Objekt“, sagt Grace Njoki (Name geändert). „Es vergeht kein Tag, an dem Männer nicht an Brüste und Hintern der Frauen fassen.“ Aber vor allem hatte sie Angst vor jenem Mitbewohner, der versucht hatte, sie einige Monate nach ihrer Ankunft mit einer Schlaftablette in ihrem Getränk zu betäuben – um sie zu vergewaltigen, sagt die 36-jährige Kenianerin: „Ich war nicht die Einzige, bei der er das versucht hat. Die Sicherheitsleute im Heim wussten das, wollten aber nicht, dass ich ihn anzeige. Und er wurde auch nicht woanders untergebracht. So habe ich gelernt, all den Männern zu misstrauen, die dort den ganzen Tag untätig herumhängen müssen – und oft durch traumatische Erlebnisse in ihrer Heimat psychisch labil sind. Dadurch entsteht eine unglaublich aufgeladene Atmosphäre.“

Am heutigen Freitag gehört Grace Njoki deshalb mit zu den Demonstrantinnen, die in Potsdam vor dem Sozialministerium einen „sicheren Platz“ zum Leben für alle Asylbewerberinnen fordern. Das Motto: „Frauen raus aus den Lagern“. Organisiert hat die Demonstration die Organisation „Women in Exile“, die schon seit zwei Jahren von Sozialminister Günter Baaske (SPD) fordert, die Unterbringungssituation für Asylbewerberinnen zu verbessern. Es gebe dazu zwar inzwischen Beschlüsse des Landtags, doch die würden nicht umgesetzt, kritisiert die Organisation.

„Wenn viele Menschen in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, kann es selbstverständlich zu Problemen kommen. Das gilt vor allem für Frauen und Kinder“, gab das Sozialministerium auf Anfrage zu. Der Anstieg der Flüchtlingszahlen stelle aber „die Kommunen vor große Herausforderungen, ihre Aufnahmeverpflichtungen zu erfüllen. Die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften kann keine dauerhafte Lösung sein. Mittelfristig bleibt es unser erklärtes Ziel, Flüchtlinge vorrangig in Wohnungen unterzubringen und die Verweildauer in den Gemeinschaftsunterkünften deutlich zu verkürzen.“ Gerade erarbeite das Ministerium in Gesprächen mit den Kommunen „ein gemeinsames Unterbringungskonzept“.

Grace Njokis Aufenthaltsstatus hat sich inzwischen geändert. Sie lebt jetzt nicht mehr im Flüchtlingsheim, fährt aber oft für „Women in Exile“ in unterschiedliche Heime, um dort Frauen bei der Lösung ihrer Probleme zu beraten. Oft gehe es dabei etwa um die Gemeinschaftswaschräume, in denen sich die Frauen besonders unsicher fühlten: „Viele haben sexuelle Übergriffe erlebt, aber es fällt ihnen schwer darüber zu reden – selbst mit uns.“ Auch sie selbst will nur anonym berichten und nicht preisgeben, in welchem Brandenburger Heim sie gelebt hat: „Dann würde man mich gleich erkennen.“ Daniela Martens

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