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Draußen feiern. Open-Air-Partys sind beliebt. Die Veranstalter vermeiden allerdings oft eine Anmeldung, denn „um im Park eine Musikanlage aufzustellen, müssen 14 Formulare ausgefüllt und zehn Ämter kontaktiert werden“, sagt einer von ihnen.

© imago/Florian Schuh

"Free Open Airs" in Berlin: Spandau schafft Platz für spontane Technopartys

Für Freiluftfeten mit Musik gibt es viele Hürden – in Spandau ausnahmsweise mal nicht. Dort wurde getestet, ob spontan feiern ohne Auflagen möglich ist.

Das ist natürlich nicht die Art von Kultur, die es sonst in Spandau gibt, sagt Thomas Scheele. Mit Tanktop und verwuscheltem Haar steht der junge Mann auf einer Industriebrache direkt an der Spree. Um ihn herum wuseln viele freiwillige Helfer, es wird gebohrt, geschraubt und gesägt.

Im Hintergrund hämmern bereits die ersten elektronische Bässe zum Soundcheck. In zwei Stunden soll hier, unweit vom U-Bahnhof Haselhorst, das erste legale „Free Open Air“ Berlins gefeiert werden. Nonstop von Freitagnacht bis Montagfrüh.

Moment, hat jemand Raven gesagt? Wissen die Freunde elektronischer Tanzmusik überhaupt, wer dieser Haselhorst ist? Wenn es nach Thomas Scheele geht, sollen es zumindest bald viele erfahren, denn Spandau hat als erster Berliner Bezirk eine Fläche für spontane Freiluftpartys zur Verfügung gestellt. „Der Weg dahin war nicht leicht“, erzählt Scheele.

Zusammen mit der Clubcommission, dem Zusammenschluss von Berliner Club-, Party- und Kulturveranstaltern, setzt er sich schon lange für die alternative Nutzung von Freiflächen ein. „Wir schätzen, dass es jedes Wochenende bis zu 30 dieser spontanen Partys in Berlin gibt“, rechnet Scheele vor, bisher sei die Anmeldung solcher Events jedoch verhältnismäßig teuer und zeitaufwendig gewesen. Auf offizielle Anmeldungen wird daher oft verzichtet, Ärger mit der Polizei ist programmiert.

Holz in der Hütte. Vieles ist selbstgezimmert auf dem Fetengelände.
Holz in der Hütte. Vieles ist selbstgezimmert auf dem Fetengelände.

© Nikolas Kappe

In Spandau soll das jetzt anders werden: Mitten in der industriellen Einöde darf nun offiziell gefeiert werden. „Am Juliusturm 13“ lautet die neue Adresse, zu erreichen über einen langen Schotterweg, vorbei an Lagerhallen und einer illegalen Müllkippe. Ganz ohne Auflagen dürfen aber auch hier keine Partys steigen: „Gerade war ein Akustiker da und hat den Schall gemessen“, sagt Scheele. Die Anlage sei nun so eingestellt, dass sie niemanden stören kann. Schützenswerte Grünflächen sind abgesperrt und sogar mobile Toilettenhäuschen wurden aufgestellt.

Zum Start muss alles vorbildlich sein

Alle wissen, wenn hier in Zukunft öfter gefeiert werden soll, muss zum Start alles vorbildlich sein. Auch der Kreis der Eingeweihten ist klein, das Event darf nicht aus dem Ruder laufen. Was Scheele jetzt noch nicht weiß: Samstagnacht erscheint dennoch die Polizei. Zwar dürfen die rund 400 Anwesenden weiter feiern, die Musik muss aber deutlich leiser gedreht werden.

Zwischen Bäumen steht bereits eine kleine Hütte. Zusammengezimmert aus alten Brettern und Türen versprüht sie den morbiden Charme einer angesagten Neuköllner Hipster-Bar: Gewollt unperfekt, dennoch detailreich und liebevoll arrangiert.

Gebaut haben die Hütte Tom Herman und das Künstlerkollektiv „Ram Schakl“. „Das Areal ist absolut unglaublich“, schwärmt Herman, so ein perfektes Gelände habe er noch nie gesehen. Vor drei Jahren kam der 25-Jährige von England nach Berlin. Hier arbeitet er jetzt als Künstler und baut Inneneinrichtungen für Clubs und Bars. Später wird Herman auch als DJ auflegen, unbezahlt, denn bei „Free Open Airs“ geht es nicht um kommerziellen Erfolg. Auch die Gäste zahlen keinen Eintritt. „Wichtiger ist es, etwas gemeinsam zu erschaffen“, erklärt Herman. Würden die DJs eine Gage verlangen, lägen die Kosten schnell bei rund 15000 Euro. Unkosten für Technik und Dekorationen werden durch Spenden und Getränkeverkauf finanziert.

Unterwegs im selbstgebauten Floß

Während Herman redet, legt am Ufer ein selbstgebautes Floß an. Helfer springen an Land und packen sofort mit an. Sie sind von Rummelsburg bis nach Spandau gefahren und wollen das ganze Wochenende bleiben.

Auch ein Mitarbeiter des Spandauer Bezirksamtes ist inzwischen auf dem Gelände eingetroffen, ganz klassisch, über den Landweg. Im Zwiegespräch mit Thomas Scheele geht es dann um Grundsätzliches: Wie sollen sich Veranstalter in Zukunft für das Gelände anmelden? Wie wird mit Müll und fehlenden Toiletten umgegangen?

Schnell wird klar: Dieses Wochenende ist nur ein sehr bunter Testballon. Regelmäßig kann in Spandau erst gefeiert werden, wenn alle Rechte und Pflichten für Veranstalter und Verwaltung geklärt sind. Im nächsten Jahr könnte es vielleicht soweit sein.

Auf zu neuen Ufern. Am Partygelände in Spandau kann man ganz einfach anlegen.
Auf zu neuen Ufern. Am Partygelände in Spandau kann man ganz einfach anlegen.

© Nikolas Kappe

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