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Berlin: Frieden und billige Brötchen

Kontroverse Debatte über die DDR-Aufarbeitung in den Schulen

Drücken sich die Ost-Lehrer vor der Aufarbeitung von SED-Herrschaft und Stasi-Diktatur? Die Frage löste am Donnerstagabend unter den mehreren hundert Zuhörern im ehemaligen Staatsratsgebäude heftige Kontroversen aus. „Der Lehrplan sieht vor, dass ein Schüler, der die 10. Klasse verlässt, die Nachkriegsgeschichte, Teilung und Wiedervereinigung, durchgenommen hat“, sagte Schulsenator Klaus Böger (SPD). Die Mitbegründerin der DDR-Friedensbewegung, Freya Klier, hat gänzlich andere Erfahrungen. „Es gibt extreme Probleme, wenn es darum geht, die DDR-Vergangenheit in den Schulen zu behandeln“, sagte die Regisseurin Klier, die 1997 die Initiative für die neuen Bundesländer „Schul-Speisung“ gegründet hat.

Viele Jugendliche im Osten hätten nur ein DDR-Bild im Kopf: „Dort herrschte Frieden und die Brötchen kosteten nur fünf Pfennig.“ Im Westen vermutet sie Hilflosigkeit bei den Lehrern, manchen Lehrkräften im Osten warf sie bewusstes Wegschauen vor. Die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Eva-Maria Stange verteidigte die Ost-Lehrer: „Wir müssen schauen, ob es sich um Einzelfälle oder Normalität handelt“, sagte sie. Sie verlangte Beweise für Kliers Behauptungen. Auch die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, nahm die Lehrer in Schutz: „Die Lehrer trauen sich zum Teil nicht, die DDR Diktatur zu nennen, weil sie befürchten, dass sich manche Eltern aufregen.“ Eine Ost-Lehrerin versicherte mit zittriger Stimme: „Es gibt sehr viele, sehr engagierte Ost-Lehrer, die sich der Aufarbeitung stellen.“

Klaus Böger wurde von Mitgliedern des „Bundes der Stalinistisch Verfolgten“ wegen der SPD-PDS-Koalition heftig kritisiert. Dem Schulsenator platzte schließlich der Kragen: „Ich kann keine Gesinnungsprüfung bei den Lehrern machen.“ Nach der Wende seien immerhin 215 Lehrer wegen ihrer Stasi-Vergangenheit nicht in den Lehrbetrieb übernommen worden. Böger verwies darauf, dass für die Bewältigung der DDR-Vergangenheit auch die Bundeszentrale für Politische Bildung zuständig ist. Von ihr forderte er eine Umfrage unter Schülern, um herauszubekommen, was und wie viel sie über die DDR wüssten. suz

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