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Monika Herrmann könnte schon bald Franz Schulz aus seinem Amt ablösen - und damit grüne Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg werden.

© Kitty Kleist-Heinrich

Friedrichshain-Kreuzberg: Monika Herrmann wird voraussichtlich neue Bezirksbürgermeisterin

Franz Schulz, grüner Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, geht vorzeitig in den Ruhestand. Seine Parteifreundin Monika Herrmann gilt als klare Favoritin für die Nachfolge.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Nur einmal hat sie darüber nachgedacht, aus der Kiezpolitik in den Senat zu wechseln. Das war im Herbst 2011, als Sozialdemokraten und Grüne über eine gemeinsame Regierung verhandelten. Monika Herrmann wurde damals gefragt, ob sie Staatssekretärin für Jugend werden wolle. Aber das rot-grüne Projekt kam nicht zustande. Der verpassten Chance auf einen Karrieresprung trauert die grüne Jugendstadträtin von Friedrichshain-Kreuzberg nicht hinterher. „Besser im Bezirk regieren als im Abgeordnetenhaus auf der Oppositionsbank sitzen.“

Herrmann wird voraussichtlich ab August den weltweit berühmten Kultbezirk als Bürgermeisterin repräsentieren. Der Amtsinhaber Franz Schulz geht, wie berichtet, aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in den Ruhestand. Die Parteifreundin Herrmann ist nicht nur klare Favoritin, sondern bisher die einzige Kandidatin für den hoch interessanten, aber nicht einfachen Job.

Ihren Vorgänger kennt sie seit 20 Jahren, und sie fasst ihre Erfahrungen so zusammen: „Man muss Franz Schulz zu nehmen wissen.“ Und fügt hinzu: „Ich bin sehr kommunikativ.“ Beide Grünen-Politiker eint die Hingabe zur kommunalen Politik. Herrmann erinnert sich an ein gemeinsames Gespräch, während einer Reise in die bezirkliche Partnerstadt Rafael del Sur in Nicaragua. Da habe sie ihn gefragt, ob er irgendwann in die Landespolitik wechseln wolle. „Nee“, habe Schulz geantwortet. Sie fand das gut.

Es hätte auch ganz anders kommen können. Monika Herrmann wurde 1964 in eine konservative Politikerfamilie hineingeboren. Papa Dieter war für die Christdemokraten über Jahrzehnte Bezirksverordneter in Neukölln. Mama Annelies vertrat die CDU 18 Jahre lang im Abgeordnetenhaus. Die Tochter, die sich für die Grünen engagierte, zog nach Kreuzberg – nicht nur, weil ihr ehemaliges Wohnumfeld in Nord-Neukölln vom Autobahnbau an der Grenzallee in Mitleidenschaft gezogen wurde. „Ich hatte einfach keine Lust auf familiäre Redeschlachten in der Neuköllner BVV.“

„Ich bin gesprächsfähig gegenüber allen Parteien“

Während des Politologie-Studiums an der Freien Universität schlug sich Herrmann zunächst als Teamerin bei Jugendreisen und als Hörfunkmoderatorin durch, sie übernahm die Leitung eines Frauenkulturzentrums, dann machte sie Pressearbeit für ein Frauenhotel. Als 1990 die Frauenbeauftragte des Bezirks Kreuzberg eine Teilzeitmitarbeiterin suchte – nur 8,5 Stunden pro Woche, aber unbefristet – begann Herrmanns unaufhaltsamer Aufstieg in der Kommunalpolitik. Drei Jahre später wechselte sie in die Pressestelle des damaligen Bezirksbürgermeisters Peter Strieder (SPD). „Die haben wohl gedacht, ich verschwinde nach dem Abschluss des Studiums wieder. Aber ich bin geblieben.“

In der Jugendverwaltung des Bezirks wurde Herrmann 1996 für die Verwaltungsreform zuständig, anschließend koordinierte sie wichtige Bereiche der Jugendsozialarbeit. Die Ochsentour durch die bezirkliche Verwaltung wurde 2006 mit dem Stadtratsposten für Familie und Schule belohnt. Seit 2011 ist die Grünen-Dezernentin zuständig für Familie, Gesundheit, Kultur und Bildung. Als Stadträtin blieb sie bisher weitgehend unangefochten. „Ich bin gesprächsfähig gegenüber allen Parteien“, sagt Herrmann. SPD und Grüne, Linke und Piraten hätten ja eine ähnliche linke Ausrichtung, nur die CDU in Friedrichshain-Kreuzberg sei „ein wenig speziell“. Ihre Fachressorts möchte sie auch als Bezirksbürgermeisterin behalten. Für den Vorgänger Schulz stand die Stadtplanung im Fokus. „Das ist nicht so mein Ding“, bekennt Herrmann.

Seit 14 Jahren sitzt sie in Führungsgremien der Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg, kurzzeitig war sie auch Mitglied des erweiterten Landesvorstands. Ihr politisches Credo: „Die Stadt von unten mitregieren, denn wir sind da, wo die Menschen leben.“ Ihr Bezirk in der Mitte Berlins, grün dominiert, sei genau deshalb so faszinierend. „Hier wird noch gefragt, wie geht’s dem Nachbarn?“ Und es gebe viele engagierte Leute, die das Lebensumfeld im Kiez aus eigener Kraft verbessern wollten. Wobei der künftigen Bürgermeisterin wichtig ist, dass „nicht nur die bürgerlichen Mittelschichten unser Zusammenleben bestimmen“.

Mit Monika Herrmann kommt man schnell ins Gespräch. Sie ist offen, hat Temperament. Das unterscheidet sie, bei aller politischen Gemeinsamkeit, vom bisherigen Amtsinhaber. Schulz gab selten öffentlich preis, was ihn im Herzen bewegte. In einem wird die Nachfolgerin große Kontinuität wahren: „Friedrichshain-Kreuzberg darf, wie alle zwölf Bezirke, nicht am Gängelband des Senats hängen.“

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