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Riesen im Wald. Überall sind die diese Ungetüme zu sehen, die sich fast schon elegant durch die Bäume schlängeln. Diese Holzerntemaschinen heißen "Harvester".

© dpa

Frühjahrsarbeit: Mit der dicken Säge durch die Wälder von Berlin

Ob im Grunewald, im Hermsdorfer und Spandauer Forst oder im Südosten: In den Wäldern sind große Maschinen unterwegs, es wird überall gesägt. Was machen die da eigentlich?

Das frühlingshafte Wetter ruft nach Waldspaziergängen – aber der Wald ist auch nicht mehr, was er mal war. Mit einer Mischung aus Staunen und Grausen beobachten manche Naturfreunde in diesen Tagen die schweren Maschinen, die Bäume mit fast beängstigender Leichtigkeit schneiden und schälen. Zurzeit sind die sogenannten Harvester vor allem im Grunewald zwischen Dahlem und Avus, im Hermsdorfer und Spandauer Forst sowie im Müggelwald zugange. Zurück bleiben gestapelte Stämme, zerfahrene Wege und liegen gelassenes Geäst. Kein schönes Bild. Aber die Erklärungen eines Fachmanns können den Anblick ein wenig angenehmer machen.

Was im Berliner Wald passiert, geschieht stets mit Sinn und Verstand, versichert Marc Franusch von der Forstverwaltung. Zwar seien überwiegend Fremdfirmen im Einsatz, aber die seien strikt an die Vorgaben des jeweiligen Revierförsters gebunden. Der wählt nicht nur die zu fällenden Bäume aus, sondern gibt auch die zulässigen Fahrwege vor. Die Maschinen dürften keinesfalls kreuz und quer durch den Wald fahren; zwischen den Trassen gebe es Mindestabstände.

Schon seit einigen Wintern registriert Franusch eine Häufung kritischer bis empörter Anfragen von Bürgern. „Ich schätze die Aufmerksamkeit und die Besorgnis, die sich darin zeigt“, sagt er und erklärt den Zweck der brachialen Arbeit: Die Fällung bestimmter großer Bäume schaffe Platz und Licht für die Arten und Altersklassen, die am jeweiligen Standort entweder unterrepräsentiert sind oder mickern. „Im Idealfall wird eine Waldfläche alle zehn Jahre gepflegt“, sagt der Förster. Bei sehr jungen und sehr alten Wäldern dürften die Abstände auch größer sein. Wobei echte Methusalems in den Berliner Wäldern so selten sind, dass sie nach Möglichkeit erhalten werden.

Manchmal können morsche Äste auf den Kopf fallen

Statt Zufällen regiert im Wald die Planwirtschaft: Es gibt Biotop-, Altholz- und Totholzkonzepte. Nach Auskunft von Franusch werden einige Bäume – im Schnitt etwa ein Dutzend pro Hektar – bewusst in Ruhe gelassen. Jenseits solcher Grüppchen gibt es auch die Referenzflächen, auf denen der Wald sich komplett selbst überlassen wird. Warnschilder weisen darauf hin – und sollen den Bürgern bewusst machen, dass ihnen hier durchaus morsche Äste auf den Kopf fallen können. Deshalb liegen sie meist abseits der Hauptwege. Die Zertifikate „FSC“ und „Naturland“ verlangen solche Areale, die laut Franusch rund sieben Prozent der Berliner Waldflächen ausmachen.

Dass auch jenseits dieser Flächen das Geäst liegen bleibt, stört viele Spaziergänger. „Besenreine Waldwirtschaft“ wie in früheren Jahrzehnten sei weiter möglich und wäre im Zeitalter von Pelletheizungen und Biomassekraftwerken sogar lukrativ, sagt der Förster. Aber „das Liegenlassen ist ein ganz wichtiger Faktor für einen stabilen Wald“. Aufräumen hieße, Nahrungsketten zu unterbrechen und Lebensräume zu vernichten. Während das die meisten bei einigen Insekten wohl noch verschmerzen würden, täte es ihnen aber um die Vögel leid, die sich von ebendiesen Insekten ernähren.

Außerdem tröstet Franusch die Ästheten mit dem Hinweis, dass die Reste direkt nach der Fällaktion am schlimmsten aussehen und dann relativ schnell im nachwachsenden Grün verschwinden. Und im Saldo wachse mehr nach, als geerntet werde. Kiefern dominieren mit mehr als 60 Prozent nach wie vor die Bestände und werden entsprechend zahlreich gefällt. Eichen folgen mit etwa 20 Prozent des Bestandes, während alle anderen Arten weit abgeschlagen sind. „Die Kiefern werden noch viele Jahrzehnte eine große Rolle spielen“, sagt Franusch. Und die Sägen werden demnächst schweigen: Ab März werde im Wald kaum noch Holz geschlagen. In Gärten und Parks ist es dann ohnehin verboten.

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