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FÜNF  MINUTEN  STADT: Der Kreis des Lebens

Vor einem Ärztehaus an der Frankfurter Allee in Friedrichshain wartet eine ältere Dame. Auf ein Surren hin versucht sie, die Tür aufzustoßen – doch die bewegt sich keinen Zentimeter.

Von Maris Hubschmid

Vor einem Ärztehaus an der Frankfurter Allee in Friedrichshain wartet eine ältere Dame. Auf ein Surren hin versucht sie, die Tür aufzustoßen – doch die bewegt sich keinen Zentimeter. Da kommt eine Frau, Mitte 20, ihr zu Hilfe, drückt beherzt. Die Tür schwingt auf. Die ältere Frau bedankt sich und geht an der jüngeren vorbei hinein.

Derweil ist auch eine Mutter mit einem etwa achtjährigen Mädchen vor dem Gebäude angekommen. Das Mädchen steht schon ungeduldig auf der Schwelle, wo die junge Frau die Tür aufhält. „Willst du auch rein?“, fragt diese das Kind, während die Mutter noch dabei ist, die Fahrräder anzuschließen. „Geh ruhig schon hoch!“, ruft sie der Tochter zu.

Die drei Besucherinnen treten in den Fahrstuhl. „Wo musst du denn hin?“, fragt die junge Frau das Mädchen. Das beginnt, die Schilder neben den Etagen zu entziffern. „Kin-der-arzt“ liest es dann laut vor und drückt die Zwei. Die junge Frau wählt die Vier – „Frauenheilkunde“ steht daneben. „Und Sie?“, fragt sie die ältere Dame. „Die Sechs, bitte.“ Auf dem Schildchen rechts von der Ziffer Sechs heißt es: „Orthopädische Praxis“.

Der Aufzug setzt sich in Bewegung. Da lacht die alte Frau leise in sich hinein. Mit einem Seufzen, den Blick auf die drei rot leuchtenden Knöpfe gerichtet, sagt sie: „Jaja – der Kreis des Lebens.“ Maris Hubschmid

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