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Berlin: Für andere da sein

Jugendliche engagieren sich mehr als Erwachsene ehrenamtlich. Mit einer Aktionswoche soll das jetzt noch stärker gefördert werden

„Ich stecke fest!“ Dominik Wille, sechs Jahre alt, sitzt im Rollstuhl und kommt auf der Sandbahn nicht weiter. Auf dem Parcours, den die deutsche Behindertenhilfe Aktion Mensch am Fest zum Weltkindertag aufgebaut hat, probiert er, wie es ist, wenn man seine Beine nicht bewegen kann. Die 21-jährige Nancy Bahner hilft ihm aus dem Sand und über eine Wippe aus Sperrholz. Seit acht Uhr morgens ist sie am Potsdamer Platz, hat beim Aufbau mitgeholfen. Etwas weiter weg hebt der 15-jährige Lars Leuthäuser Kinder in den Wagen der Freiwilligen Feuerwehr Marzahn. Gerade ist der fünfjährige Pascal Kaiser an der Reihe. Nächstes Wochenende teilen die 42 Jugendlichen der Wehr beim Berlin-Marathon Wasser aus, irgendwo zwischen Kilometer 30 und 38. Auch das Jugendrotkreuz wird dann dabei sein und kleinere Verletzungen von Teilnehmern behandeln.

Tausende von Jugendlichen sind so jedes Wochenende in Berlin ehrenamtlich tätig. Diesen freiwilligen Einsatz will die Bundesregierung jetzt mit der ersten Woche des bürgerschaftlichen Engagements fördern. „Wir wollen eine breite Öffentlichkeit ansprechen“, sagt Projektleiter Erik Rahn. „Freiwilligenarbeit, gerade von Jugendlichen, braucht eine größere Anerkennung.“ Vom 25. September bis 2.Oktober finden bundesweit unter dem Motto „Engagement macht stark“ rund 350 Aktionen statt, davon etwa 25 in Berlin. Freiwillige der Björn-Schulz-Stiftung werden etwa eine Woche lang im Virchow-Klinikum für Angehörige kranker Kinder auf der Station für Knochenmarktransplantation kochen. Die Bürgerstiftung Berlin stellt am 1. Oktober um 16 Uhr im Foyer des Schöneberger Rathauses ihre Jugendprojekte vor.

Nahezu jeder vierte Berliner ist ehrenamtlich tätig, heißt es im ersten Berliner Ehrenamtsbericht 2004. Das ist unter dem Bundesdurchschnitt. Insbesondere im Ostteil der Stadt sind Erwachsene zurückhaltend. Bei Jugendlichen ist das anders. „Untätige Jugendliche, das ist nichts weiter als ein Vorurteil“, sagt Erik Rahn. Laut einer bundesweiten Umfrage sind über ein Drittel der 14- bis 24-Jährigen engagiert – das ist überdurchschnittlich viel.

Wo sie mitmachen wollen, wissen Jugendliche ziemlich genau. „Jugendliche suchen Projekte, die sichtbaren Erfolg bringen und einen gewissen Spaßfaktor haben“, sagt Erik Rahn. An politischen oder konfessionellen Organisationen sind sie weniger interessiert. Das erklärt, warum die großen evangelischen und katholischen Verbände zwischen 2000 und 2004 in Berlin rund 80000 Mitglieder verloren haben. Relativ kleine Umweltverbände verdoppelten im gleichen Zeitraum ihre Mitgliederzahl von 3600 auf 6300. Auch Verbände wie die Jugendfeuerwehr legten zu – dort reizen neben Einsätzen die angebotenen Wettbewerbe.

Selbst nach dem Schulabschluss steigt die Zahl der jungen Menschen, die sich ohne Gegenleistung engagieren wollen. Auf jeden der etwa tausend Berliner Plätze für das Freiwillige Soziale und Ökologische Jahr kommen im Schnitt drei Bewerber. Und jedes Jahr steigt die Zahl von Bewerbern weiter – deswegen wird das Angebot ständig erweitert.

Woche des bürgerschaftlichen Engagements, weitere Infos unter 62980-322 oder www.engagement-macht-stark.de

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