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Berlin: Für Fuhrpark und Flüge kassiert Gemeinde Adass Jisroel ohne Recht auf Staatshilfe

Die Ostberliner jüdische Gemeinde Adass Jisroel hat keinen rechtlichen Anspruch auf finanzielle Förderung durch das Land Berlin und muss rund 200 000 Euro zurückzahlen. Das hat das Verwaltungsgericht entschieden.

Die Ostberliner jüdische Gemeinde Adass Jisroel hat keinen rechtlichen Anspruch auf finanzielle Förderung durch das Land Berlin und muss rund 200 000 Euro zurückzahlen. Das hat das Verwaltungsgericht entschieden. Weder aus der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit noch aus dem Status der Gemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechts lasse sich ein Anspruch auf Zuwendung ableiten. Nicht jede Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft habe automatisch ein Recht auf finanzielle Unterstützung durch den Staat.

Adass Jisroel hatte von 2001 bis 2006 jährlich zwischen 480 000 und 606 000 Euro erhalten. 2008 hatte der Senat eine Buchprüfung angekündigt. Bevor die Prüfer anrückten, gab die Gemeinde zu, über „geraume Zeit“ Personal abgerechnet zu haben, das es nicht gab. Der Senat hätte damals die Subventionierung einstellen können, urteilten die Verwaltungsrichter. Die Behörde zahlte weiter – verlangte nun aber eine regelmäßige Prüfung der Bilanzen durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Adass Jisroel weigerte sich mit dem Argument, dies verstoße gegen das Selbstverwaltungsrecht der Religionsgemeinschaft. 2010 stellte der Senat die Förderung ein und verlangte Geld zurück. Die Gemeinde klagte.

Adass Jisroel wurde 1869 als orthodoxe Gegenbewegung zur liberalen Jüdischen Gemeinde zu Berlin gegründet. Nach dem Mauerfall belebte Ari Abraham Offenberg die Gemeinde in der Tucholskystraße neu. Nach eigenen Angaben hat die Gemeinde 900 Mitglieder. Der Senat bezweifelt, „dass es neben dem Geschäftsführer Mario Offenberg überhaupt jemanden gibt, der sich in der Gemeinde aufhält“, wie es der Anwalt des Senats formulierte.

Die Verwaltungsrichter gaben dem Senat in allen Punkten recht. Die Forderung nach einer Wirtschaftsprüfung sei durchaus begründet. Denn die Gemeinde habe nicht nur Personal abgerechnet, das es nicht gab, sondern zum Beispiel auch einen Fuhrpark unterhalten, ohne Fahrtenbücher vorzulegen. Dass die Bücher durch einen Wasserschaden vernichtet worden sein sollen, wie die Gemeinde argumentierte, ließen die Richter nicht gelten. Sie überzeugte auch nicht, dass Adass Jisroel teure Telefonate ins Ausland führen muss, um das Gemeindeleben aufrechtzuerhalten. Einmal im Jahr waren er und seine Frau für mehrere Wochen nach Spanien geflogen, angeblich, um eine jüdische Gemeinde zu besuchen.

Ob Adass Jisroel Berufung einlegt, ist offen. Auch der Senat wollte das Urteil nicht kommentieren. Aus dem Urteil lässt sich keine Schlussfolgerung für die aktuelle Auseinandersetzung zwischen dem Senat und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ziehen. Von dieser fordert der Senat mehrere Millionen Euro zurück, die für überhöhte Betriebsrenten gezahlt wurden. Anders als mit Adass Jisroel gibt es mit der Jüdischen Gemeinde aber einen Staatsvertrag, in dem der Anspruch der Gemeinde auf öffentliche Förderung festgeschrieben ist. Claudia Keller

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