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Berlin: Fußballfieber

Auch ich komme an dieser Stelle nicht drumherum, das Thema Fußball anzuschneiden. Bei einem Blick auf die in den Plattenläden ausliegenden Flyern wird klar: Überall weichen derzeit DJ-Pulte, um Platz für eine Leinwand zu schaffen.

Auch ich komme an dieser Stelle nicht drumherum, das Thema Fußball anzuschneiden. Bei einem Blick auf die in den Plattenläden ausliegenden Flyern wird klar: Überall weichen derzeit DJ-Pulte, um Platz für eine Leinwand zu schaffen. Clubs sind jetzt keine Clubs mehr, sondern „EM-Lounges“. Wer geht denn in diesen Wochen überhaupt noch auf ein Konzert? Als am Sonntag zeitlich parallel zum Spiel England-Frankreich die New Yorker 80er Jahre Band „Television“ in der Volksbühne spielte, war es nicht besonders voll. Die Volksbühne hatte sich entschlossen, keine Fernseher aufzustellen und die Band ließ lange auf sich warten. Das einen Fernseher im Backstage-Bereich vermutende und zunehmend neidische Publikum musste die Band erst mit Pfeifen und Klatschen auf die Bühne bringen.

Berliner Partygänger und -macher gucken aber nicht nur lieber Fußball, sondern spielen inzwischen auch selbst. Beim „Magnet United Club Cup“ treffen sich Mannschaften namens FC Tresor, Haus Schwarzenberg, Polarsternchen, die „Schwarzenraben“, die Sage Dragons oder auch der FC Konditionswunder. Dahinter verbergen sich die sportlicheren Vertreter des Berliner Nachtlebens; Westbam ist genauso dabei wie Maximilian Hecker. Ausgetragen wird die Meisterschaft auf dem Gelände des Polar-TV-Club, Grillwürstchen inklusive. Das große Finale findet übrigens am kommenden Samstag ab 12 Uhr statt.

Es ist erstaunlich, wie hipp und sexy Fußball in den letzten Jahren in der hiesigen Clubszene geworden ist. Klar, in England ist Fußball immer schon „camp“ und die Verbindung zu Popmusik eng. Entweder weil Popmusiker wie die Gruppe Oasis bekennende Fußballfans sind und Fußballsongs schreiben, etwa die Lightening Seeds oder Morrissey. Oder weil Fußballer nicht nur wie Popstars aussehen, sondern auch selbst Songs einspielen und in Videoclips auftreten. Die meisten Vereins-Fußballsongs wurden übrigens und selbstverständlich von Manchester United eingesungen.

In Deutschland existiert das Phänomen so flächendeckend und geschlechterübergreifend erst seit ein paar Jahren. Die Fußballliebe äußert sich dabei nicht nur musikalisch, sondern insbesondere bei den Girls modisch. Auf den Tanzflächen sind im Augenblick nicht nur mehr Fußballschuhe angesagt, sondern auch Handtaschen und Röcke aus ehemaligen Fußballshirts, dazu Netzkniestrümpfe in Streifenoptik.

EM-Lounge, Rungestr. 20. Täglich ab 18 Uhr. Sa, 19.06. im Anschluss an die EM: Neon-Nights, Namosh live, DJs Gunne, Hari Seldon. Nächste Woche stellt Frank Jansen hier eine Berliner Bar vor.

Christine Lang

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