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Berlin: G-8-Gipfel: Genua: Berliner mit Hirnblutung in Klinik

Bei der Razzia der italienischen Polizei im Zentrum der Globalisierungsgegner in Genua ist in der Nacht zum Sonntag ein 21-jähriger Berliner sehr schwer verletzt worden. Wie dem Tagesspiegel aus zuverlässiger Quelle bestätigt wurde, lag der Mann zumindest noch am Montag im Koma.

Bei der Razzia der italienischen Polizei im Zentrum der Globalisierungsgegner in Genua ist in der Nacht zum Sonntag ein 21-jähriger Berliner sehr schwer verletzt worden. Wie dem Tagesspiegel aus zuverlässiger Quelle bestätigt wurde, lag der Mann zumindest noch am Montag im Koma. Angehörige, die versucht haben, ihn mit Hilfe des deutschen Generalkonsulats in Genua zu besuchen, wurden vor Ort abgewiesen. Die Polizei berief sich auch bei diesem Schwerverletzten darauf, Inhaftierte bis zu 68 Stunden ohne Kontakt festhalten zu können. Den Angehörigen wurde jedoch gesagt, der Verletzte sei aus dem Koma erwacht.

Der Mann hatte in der Diaz-Schule übernachtet, die die Stadt Genua dem Genueser Sozialforum als zusätzliche Aufenthaltsräume zur Verfügung gestellt hatte. Die Polizei hatte den Vorwurf erhoben, von dort seien militante Aktionen ausgegangen. Deshalb habe sie die Schule durchsucht. Bei der nächtlichen Durchsuchung wurden mindestens 50 Menschen verhaftet, etliche verletzt. Die Zahlen gehen hier weit auseinander, Augenzeugen berichten von 70 Festnahmen - von denen fünf schwer verletzt worden seien.

Die genauen Umstände wie der junge Berliner bei der Razzia verletzt wurde, waren bis Dienstag nicht bekannt. Bestätigt ist jedoch, dass eine Notoperation in einem Genueser Krankenhaus stattgefunden hat. Wie die Angehörigen sagen, habe er eine Hirnblutung erlitten. Dabei sei ein Hämatom unter der Schädeldecke entstanden.

Das Auswärtige Amt in Berlin ist seit Montag bemüht, jedem Verletzten und Verhafteten in Genua konsularische Betreuung zukommen zu lassen - so sie denn gewünscht sei. Zu Einzelfällen jedoch könne man sich aus Gründen des Datenschutzes nicht äußern, wie ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte. Insgesamt sind nach Informationen des Amtes 68 Deutsche in Genua inhaftiert worden. Deutsche Konsularbeamte aus Mailand und Rom seien bereits am Wochenende nach Genua entsandt worden, sie stünden in engem Kontakt mit den italienischen Behörden. Inzwischen habe man die Familienmitglieder der Inhaftierten fast ausnahmslos informiert, teilte das Auswärtige Amt mit.

Unter den 68 Inhaftierten sind auch die Verletzten von der Nacht zu Sonntag. Sie sind noch in den Krankenhäusern der Stadt oder mit den anderen Festgenommenen in vier Gefängnissen im Raum Genua. Die Meldung des italienischen Fernsehens vom Freitag, wonach eine deutsche Globalisierungsgegnerin in Lebensgefahr schwebe, hat sich nach den derzeitigen Informationen nicht bestätigt. Der junge Berliner ist demnach der einzige Deutsche, der in Lebensgefahr schwebt oder geschwebt hat. Eine Liste der Verletzten und Inhaftierten hat das Bundeskriminalamt erstellt.

Augenzeugen in Berlin wie in Genua berichteten am Dienstag von "ungeheuerlicher Brutalität", mit der die Polizei bei der Razzia vorgegangen sei. Noch jetzt seien in der Schule die Blutspuren oder Blutlachen zu sehen. Die grünen Innenpolitiker Cem Özdemir und Christian Ströbele haben inzwischen eine internationale Untersuchungskommission zu den Geschehnissen in Genua gefordert. Dies sei keine inneritalienische Angelegenheit. Insbesondere die Razzia in der Schule scheine durch nichts gerechtfertigt gewesen zu sein.

Bodo Zeuner, Politikprofessor an der Freien Universität Berlin, gehört zu den Eltern, die seit Tagen nichts von ihren Kindern gehört haben. Am Dienstag berichtete er, dass seine 22-jährige Tochter auch in der Diaz-Schule übernachtet habe. Bis zum Morgen habe er nichts über den Verbleib seiner Tochter erfahren. Erst dann sei er informiert worden, dass und in welchem Gefängnis sie sich befinde. Er habe seit Sonntag in Genua, beim Bundeskriminalamt und im Lagezentrum des Auswärtigen Amtes alle paar Stunden angerufen, um Informationen über seine Tochter zu erhalten. Irgendwann habe man ihm dann beim Generalkonsulat gesagt, "ich möge doch mal einen Tag Ruhe geben". "Aber wie soll ich denn Ruhe geben, wenn ich nicht einmal weiß, ob meine Tochter lebt?", hat Bodo Zeuner geantwortet.

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