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Den Operateuren auf die Finger geschaut. Zum vierten Mal schon können Leserinnen und Leser des Tagesspiegels am Sonnabend live im Operationssaal dabei sein.

© picture alliance / BSIP

Ganz nah am Herzen: Liveübertragung von Implantation eines Herzschrittmachers

Den wohl kleinsten Schrittmacher der Welt erhält heute eine Frau im „Herzzentrum Brandenburg“ in Bernau. Der Tagesspiegel überträgt im Live-Stream.

Ein gesundes Herz schlägt, wie ein Metronom tickt: regelmäßig, dazu fast im Sekundentakt. 60 bis 80 Mal in der Minute zieht es sich zusammen, pumpt dabei rund fünf Liter Blut durch unseren Körper. Es ist ein faszinierendes Organ – genauso faszinierend wie die medizinischen Eingriffe an ihm. Deshalb überträgt der Tagesspiegel heute bereits zum vierten Mal in Kooperation mit dem Herzzentrum Brandenburg live eine OP: Von zu Hause aus kann jedermann auf dem Portal www.gesundheitsberater-berlin.de per Livestream verschiedene Eingriffe am Herzen verfolgen. Im Zentrum stehen dabei dieses Mal die Behandlung von Herzrhythmusstörungen und ein Eingriff an den Herzklappen. So wird Christian Butter, Chefarzt der Kardiologie am Herzzentrum Brandenburg, einer Patientin den – nach eigenen Angaben – kleinsten Herzschrittmacher der Welt implantieren.

Herzschrittmacher kommen zum Einsatz, wenn das Organ dauerhaft aus dem Takt gerät – oder sogar vorübergehend ganz aussetzt. Denn das menschliche Herz ist eben doch kein Metronom. Es kann unregelmäßig schlagen. Vorübergehende Herzrhythmusstörungen sind häufig und bedeuten nicht zwingend, dass etwas nicht stimmt: Etwa unter Stress oder nach einem doppelten Espresso beschleunigt sich bei vielen Menschen der Herzschlag, die Herzfrequenz gut trainierter Ausdauersportler liegt dagegen oft unter den 60 Schlägen pro Minute.

Oft helfen Medikamente

Allerdings können Störungen im Herzrhythmus auch auf Erkrankungen hinweisen: auf Gefäßverengungen oder einen Infarkt, auf Herzklappenfehler oder eine Herzschwäche. Begünstigt werden sie unter anderem durch Diabetes, Übergewicht – und ein hohes Alter. Denn wie bei allen menschlichen Organen können sich nach jahrzehntelangem Dauerbetrieb Funktionsstörungen einschleichen. Die möglichen Folgen: Atemnot, Schwindel, Leistungsschwäche, Bewusstlosigkeit.

Oft helfen Medikamente, um den Herzschlag zu normalisieren. Doch in manchen Fällen müssen die Ärzte zu medizintechnischen Mitteln greifen: zu Herzkathetern oder -schrittmachern, zu künstlichen Herzklappen, Bypässen, Gefäßstützen oder sogar Kunstherzen. Diese können die Leiden der Patienten lindern, machen aber eine Operation notwendig.

Nur 2,4 Zentimeter misst das Gerät

Herkömmliche Schrittmacher, die die Größe von zwei Zwei-Euro-Stücken haben, werden dafür meist kurz unter dem Schlüsselbein eingepflanzt. Über ein Kabel, das die Ärzte durch eine Vene hin zum Herzen legen, versorgen sie das Organ dann im Bedarfsfall mit Strom. „Sie springen ein, wenn der Sinusknoten, der natürliche Taktgeber des Herzens, versagt“, sagt Butter. „An seiner Stelle stimulieren sie den Herzmuskel mit gezielten Stromstößen, bis dieser wieder im richtigen Takt läuft.“ Durch moderne Rechentechnik erkennen die Geräte, wann sie einen Impuls an das Herz senden müssen.

Nach dem Prinzip funktioniert auch der Herzschrittmacher, den Kardiologe Butter und sein Team am heutigen Sonnabend implantieren werden. Allerdings hat er mehrere Besonderheiten, die ihn von herkömmlichen Schrittmachern unterscheiden. Da ist zum einen die Größe: Nur 2,4 Zentimeter misst das Gerät, dessen Form an eine Medikamentenkapsel erinnert. Und: Er hat kein Kabel. „Er wird direkt in das Herz implantiert“, sagt Butter. Denn Batterie, Prozessor, Elektroden befinden sich in der kleinen Kapsel. Zum Herzen gelangt der Schrittmacher über einen Katheter – eine Art Schlauch –, den die Ärzte von der Leiste aus durch eine Vene hindurch bis hin zum Herzen schieben. Dort platzieren sie das Gerät, das sich dann mit seinen vier kleinen „Ärmchen“ am Herzmuskel festhält.

"Sie ist ein paar Mal plötzlich ohnmächtig geworden"

Der Vorteil des neuen Schrittmachers: „All die Komplikationen, die mit dem Kabel zusammenhängen, wie Kabelbrüche, Isolationsdefekte oder Venenverschlüsse, entfallen“, sagt Butter. Außerdem sinke das Infektionsrisiko durch einen unter die Haut gesetzten Schrittmacher. Allerdings ist der winzige Taktgeber nicht immer eine Option: Er ist nur für einen sehr kleinen Patientenkreis geeignet und zugelassen.

„Patienten, die beispielsweise sehr häufig eine Stimulation brauchen, profitieren von dieser Entwicklung nicht“, sagt Butter. Wohl aber Patienten, bei denen das Herz nur hin und wieder für eine kurze Zeit aussetzt – wie bei der Patientin, die am Sonnabend operiert wird. „Sie ist ein paar Mal plötzlich ohnmächtig geworden, was etwa im Straßenverkehr ein großes Risiko darstellt.“

Wie gut das funktioniert, wird sich herausstellen

In solchen Situationen soll künftig die kleine Kapsel in ihrem Herzen aktiv werden. Wie gut das funktioniert, wird sich herausstellen – wie immer, wenn sich neue Technologien in der Praxis beweisen müssen. „Bisher ist nicht bekannt, welche Langzeitfolgen dieser ins Herz implantierter Schrittmacher haben kann“, sagt Butter. Ebenso ist unklar, was geschieht, wenn die Batterien sich leeren.

„Gewöhnliche Geräte werden dann in einer kleinen OP ausgetauscht. Wie das bei diesem Modell geschieht, wissen wir noch nicht.“ Rund 15 Jahre haben sie Zeit, dies herauszufinden. So lange sollen die Batterien laut Hersteller halten.

Informationen und Arztempfehlungen rund um die Behandlung von Herzkrankheiten bietet das Magazin „Tagesspiegel GESUND“ in seiner Schwerpunktausgabe „Herz, Kreislauf und Gefäße“. Das Heft kostet 6,50 Euro und ist erhältlich im Tagesspiegel-Shop unter www.tagesspiegel.de/shop oder per Telefon unter 030/29021-520.

Die Liveübertragung der Operationen startet um 10 Uhr und endet um 14 Uhr. Hier eine Auswahl der Programmpunkte:

10.10 Uhr Implantation eines EKG-Gerätes und eines der kleinsten Herzschrittmacher der Welt.

11 Uhr Minimalinvasive Operation zur Korrektur einer Herzklappe.
12.10 Uhr Live-Gesprächsrunde: Erfahrungen mit einer Herzklappe, die per Katheter eingepflanzt wurde.

12.20 Uhr Die Zukunft für Patienten, die bereits an der Herzklappe operiert wurden: Klappe-in-Klappe in Kathetertechnik.

12.40 Uhr Wie funktioniert und wie sicher ist das Hybrid-Katheterlabor?
13 Uhr Einpflanzung eines Defibrillators unter die Haut. I.B.

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