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GAZETELER Rückblick: Aufruf zur Besonnenheit

Wie türkische Blätter über das heutige Fußballspiel in Basel berichten

„Lasst Euch nicht provozieren“, konnte man gestern in allen türkischen Zeitungen lesen. Mal waren es türkischstämmige Politiker wie die Bundestagsabgeordnete Lale Akgün (SPD), mal die Präsidenten von türkischen Vereinen und Verbänden, die die Fans dazu aufriefen, vor, während und besonders nach dem Spiel ruhig Blut zu bewahren. Der neue Botschafter, Ahmet Acet, bat seine Landleute in Deutschland dazu darum, nicht nur mit einer türkischen, sondern auch einer deutschen Fahne aus dem Haus zu gehen. „Egal wie das Spiel ausgeht, sollten wir die Emotionen in besonnener Art ausleben“, sagte er den türkischen Zeitungen. „Seit Jahrzehnten essen sie das Brot dieses Landes. Entsprechend respektvoll sollten sie diesen Tag begehen.“

Die „Sabah“ hob gestern auf ihrer Titelseite das Besondere dieses Fußballspiels hervor: „500 000 Türken und Deutsche werden das Spiel gemeinsam sehen“. In den Unterzeilen hieß es: „In der Hauptstadt Deutschlands werden wir einen Tag erleben wie damals, als die Mauer fiel. Deutsche und Türken werden Seite an Seite das Spiel ansehen.“ Tatsächlich hat es solch eine Situation noch nie gegeben. Zum ersten Mal sehen sich deutsche und türkische Fans in so großer Zahl zusammen ein Meisterschaftspiel an. Bei der letzten Weltmeisterschaft schaffte die Türkei die Qualifikation nicht, davor gab es keine Fanmeile.

Bisher saßen die meisten Menschen in dieser Stadt getrennt in ihren Vereinsräumen und Kneipen oder zu Hause. Jetzt haben die Berliner die Gelegenheit, ihr Zusammenleben auf die Probe zu stellen. Den türkischen Zeitungen kann jedenfalls hinterher niemand etwas vorwerfen, sie haben ihr Bestes gegeben. Eine Europa-Beilage der „Hürriyet“ schaffte es sogar ins ZDF. Darauf waren in einer Fotomontage die Spieler Semih Sentürk und Michail Ballack zu sehen. Sie hatten jeder einen Arm auf der Schulter des anderen gelegt und die andere Hand in der Luft zur Faust geballt. Die „Hürriyet“ versprach für die heutige Ausgabe ein Poster, auf dem die türkische und die deutsche Nationalmannschaft zu sehen sind. Die „Milliyet“ will ein Poster nur der türkischen Mannschaft beilegen. Einzig die „Türkiye“ regte sich ein wenig auf. „Skandal: Das Spiel gegen die Deutschen wird ein Schweizer pfeifen.“ Suzan Gülfirat

Suzan Gülfirat

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