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Berlin: Gazetler Rückblick: "Deutsch-Türkische Europaschule nach Atatürk benennen"

Am vergangenen Dienstag machte die Tageszeitung Türkiye auf der Titelseite ihrer monatlichen Berlin-Beilage Stimmung gegen den neuen Namen der Deutsch-Türkischen Europaschule in Kreuzberg. Im Oktober 2000 hatte die Gesamtschulkonferenz mit großer Mehrheit beschlossen, dass die Grundschule nach dem 1995 gestorbenen türkischen Schriftsteller, Satiriker und Bürgerrechtler Aziz Nesin benannt wird.

Am vergangenen Dienstag machte die Tageszeitung Türkiye auf der Titelseite ihrer monatlichen Berlin-Beilage Stimmung gegen den neuen Namen der Deutsch-Türkischen Europaschule in Kreuzberg. Im Oktober 2000 hatte die Gesamtschulkonferenz mit großer Mehrheit beschlossen, dass die Grundschule nach dem 1995 gestorbenen türkischen Schriftsteller, Satiriker und Bürgerrechtler Aziz Nesin benannt wird. Ein Teil der konservativ-moslemischen Eltern hatte heftig protestiert, weil sie einen politisch links eingeordneten Namenspatron nicht hinnehmen wollten.

Die Türkiye verschaffte ihnen nun auf fast zwei ganzen Seiten Gehör: "Warum Aziz Nesin?" lautete die Überschrift auf der Titelseite der Beilage. Das Blatt berichtete, dass die Eltern sogar rechtlich gegen die Namensgebung vorgehen wollen. Auf der Seite 12, wo auch ein großformatiges Klassenfoto aus dem Archiv zu sehen war, ging die Geschichte fast auf einer ganzen Seite weiter. Auf dem Foto in der letzten Reihe in der Mitte stand auch der türkische Generalkonsul As¤m Temizgil.

Die Zeitung warf der Gesamtschulkonferenz vor, mit dem Namen der Schule Dynamit in die Gemeinschaft der türkischen Eltern gelegt zu haben. Was liegt also für einen konservativen Türken näher, als sich an den türkischen Staatsgründer Kemal Atatürk zu erinnern, mit dessen Ideologie der türkische Staat seit mehr als siebzig Jahren versucht, die Bewohner der Türkischen Republik zusammenzuhalten? Also lautete der Vorschlag für den neuen Namen in der Überschrift: "Wieso wird die Schule nicht nach Atatürk benannt?"

Die Eltern begründeten ihre Ablehnung der Umbennung so: "Wer kann uns garantieren, dass unsere Kinder sicher sind?" wurde eine besorgte Mutter zitiert. Schließlich sei auf die Aziz-Nesin-Stiftung in der Türkei schon einmal ein Bombenanschlag verübt worden. Ein Vater beklagte, dass die Kinder von Lehrern unterrichtet würden, die nicht einmal in die Türkei einreisen dürften. So beschreibt ein konservativer Türke jene Landsleute, die hier politisches Asyl bekommen haben. Diese übten nun psychologischen Druck auf die Eltern aus, weshalb sie versucht hätten, ihre Sprösslinge in anderen Schulen unterzubringen. Aber wegen des Namens Aziz Nesin und der politischen Tendenz der Schule seien sie abgewiesen worden, vermutete der Vater.

Eine andere Nachricht fehlte in der vergangenen Woche dagegen in dieser Zeitung. Mit einem gemeinsamen Appell haben sich der Schulsenator Klaus Böger (SPD), der Türkische Bund Berlin-Brandenburg (TBB) und der Türkische Elternverein an rund 80 000 türkischstämmige Familien in Berlin gewandt. Die Sprachförderung der Kinder müsse so früh wie möglich beginnen, hieß es unter anderem in dem achtseitigen Brief. Ursprünglich wollte auch der türkische Generalkonsul diesen Brief mittragen. Weil die anderen Unterzeichner den Hinweis auf den türkischen Unterricht des Generalkonsulats, der an einigen Schulen nachmittags erteilt wird, nicht aufnehmen wollten, zog sich die diplomatische Vertretung zurück. Safter Çinar vom TBB begründete die Weigerung damit, dass der Konsulats-Unterricht von Lehrern erteilt werde, die für türkische Schulen ausgebildet sind und die Lebensverhältnisse der Kinder hier nicht kennen.

Suzan Gülfirat

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