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Berlin: Gedenken an einem passenden Ort

Deutsche und Polen in der Hedwigs-Kathedrale

So voll können Gotteshäuser sein, auch in Berlin. Und so selbstverständlich der „katholische“, der allumfassende Anspruch dieser Kirche. Mehr als 500 Menschen füllten gestern das Rund unter der weiten, säulengetragenen Kuppel der Hedwigs- Kathedrale. Dreisprachig wurde der Gottesdienst zelebriert – da das deutsch-polnische Pontifikalamt zu Ehren des Warschauer Aufstands und der Aussöhnung mit der lateinischen Messe an jedem ersten Sonntag des Monats zusammenfiel. Der Einladung, die der polnische Botschafter in Berlin ausgesprochen hatte, seien Gläubige aus 40 Ländern gefolgt, sagte Kardinal Sterzinsky.

Die Predigt hielt der Metropolit, Erzbischof Henryk Muszynski aus dem westpolnischen Gnesen, in Polnisch und in akzentfreiem, gediegenem Deutsch, Absatz für Absatz. Es war eine Geschichtsstunde mit polnischen Augen, aber keine belehrende, sondern eine versöhnliche, in der Muszynski auch den deutschen Widerstand ehrte – „das Gedenken all dieser Opfer ist ein Heiligtum“ – und die Vertreibung „ein schreckliches Übel“ nannte.

Natürlich, im Mittelpunkt stand „die einzige Erhebung gegen Hitler von diesem Ausmaß in ganz Europa“. Auch deutsche Offiziere hätten Mut und Kampfbereitschaft der Aufständischen bewundert, das Ringen sei so verbissen und verlustreich gewesen wie in Stalingrad. Die Erhebung, die Papst Johannes Paul II. einen „letzten Schrei nach einem unabhängigen und freien Staat“ nannte, dauerte nicht nur wenige Tage, sondern hielt sich mehr als zwei Monate.

Kardinal Muszynski sah im Scheitern des Aufstands keine Niederlage. „Gefallen – unbesiegt“ stehe zu Recht auf dem Denkmal in Warschau. „Der Freiheitswille des polnischen Volkes wurde nie gebrochen.“ Und er kam Jahrzehnte später mit dem Sturz des Kommunismus und der Erweiterung der EU an sein Ziel. Der Gnesener Metropolit zitierte Worte des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog in Warschau zum 50. Jahrestag des Aufstands. Die Erhebung sei ein unauslöschliches Symbol für nationale Würde und Selbstbehauptung. Woran Herzog die „Bitte um Vergebung für das unermessliche Leid, das ihnen von Deutschen angetan worden ist“, anschloss. Heute sei die Versöhnung der Völker im Herzen Europas grundlegend für Verständigung und Frieden in ganz Europa.

Der Ort war gut gewählt. Hedwig ist Schutzpatronin von Polen wie Deutschen. Und die Entstehung dieser Berliner Kathedrale ist Ergebnis eines Kriegs. 1746 genehmigte Friedrich der Große den Bau einer katholischen Kirche. Nachdem er das katholische Schlesien erobert hatte, sollten die Landeskinder auch in der Hauptstadt ein Gotteshaus haben. Zuvor war der katholische Glaube seit 1540 in Preußen verboten. Umdenken ist möglich.

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