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Geflohener Häftling: Justizausschuss berät in Sondersitzung

Die Flucht eines Angeklagten aus dem Amtsgericht Tiergarten hat ein parlamentarisches Nachspiel. Der Rechtsausschuss wird eine Sondersitzung dazu abhalten.

Berlin - FDP und CDU haben die Einberufung des Gremiums in den Parlamentsferien gefordert, bei dem Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) Rede und Antwort stehen soll. Ein Termin steht noch nicht fest. Nach Einschätzung Schuberts, die derzeit im Urlaub weilt, ist die Sicherheitslage der Berliner Justiz trotz des jüngsten Vorfalls "ausgezeichnet".

Parlamentspräsident Walter Momper (SPD) habe der Sondersitzung unter der Bedingung zugestimmt, dass keine Mehrkosten für das Abgeordnetenhaus entstünden, sagte seine Sprecherin. Der geplante Termin am 10. August war damit nicht haltbar, weil nach Angaben von Ausschusschef Andreas Gram (CDU) drei Abgeordnete auf Urlaubsreise seien. In der sitzungsfreien Zeit haben die Parlamentarier Anspruch auf Erstattung zusätzlicher Fahrkosten. Dem Ausschuss gehören neun Mitglieder an.

Das Einspruchsrecht stehe dem Präsidenten zu, sagte Gram. Er werde jetzt nach einem geeigneten Termin suchen. Nach der FDP hatte am Donnerstag auch die CDU einen Antrag auf Einberufung einer Sondersitzung eingereicht. Damit war die nötige Mindestzahl von einem Drittel der Ausschussmitglieder erfüllt. Eine reguläre Ausschusssitzung gibt es wegen der Abgeordnetenhauswahl am 17. September nicht mehr.

Angeklagter noch immer auf der Flucht

Der 28-jährige Angeklagte war am Dienstag während einer Pause der Hauptverhandlung über ein Toilettenfenster entkommen. Nach ihm wird bundesweit gefahndet. Die Polizei hat nach Angaben eines Sprechers noch keine Hinweise auf seinen Verbleib. In der Vergangenheit war es in Berlin wiederholt zu spektakulären Häftlingsfluchten gekommen. Nach den bisherigen Ermittlungen sind zwei Justizwachtmeister für die Flucht verantwortlich. Es sei "nicht nachvollziehbar", warum der Gefangene nicht in eine in unmittelbarer Nähe zum Verhandlungssaal liegende besonders gesicherte Toilette gebracht worden sei, sagte ein Justizsprecher. Gegen die beiden Wachtmeister seien Disziplinarverfahren eingeleitet worden.

Die CDU hatte nach dem jüngsten Vorfall den Rücktritt Schuberts gefordert. Die Justizsenatorin müsse "selbstverständlich ihren Urlaub sofort unterbrechen und nach Berlin zurückkehren, um endlich ihre Angelegenheiten in Ordnung zu bringen", betonte CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer. Die Senatorin und ihr Führungsstab trügen für die zahlreichen Fluchten von Häftlingen in der Vergangenheit "in jedem Fall die politische Verantwortung". "Wir warten den Termin ab und die Senatorin entscheidet dann über ihre Teilnahme", sagte der Justizsprecher. Schubert verbringt ihren Urlaub im Ausland.

Senatorin verteidigt Strafvollzug

Schubert betonte, die Anstrengungen der Justiz hätten dazu geführt, dass die Zahl der Entweichungen aus dem geschlossenen Vollzug und die Missbrauchsfälle bei Vollzugslockerungen in den vergangenen vier Jahren einen Tiefstand erreicht habe. Von 2002 bis 2005 ist nach Angaben der Verwaltung jährlich nur ein Häftling aus dem geschlossenen Vollzug geflohen. Davor seien es jeweils vier gewesen. (tso/ddp)

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