zum Hauptinhalt

Berlin: Gelbe Karte für neues Zentrum

Charlottenburg will Einzelhändler schützen

Zwei Supermärkte, ein Fitnessstudio, Büros und viele Parkplätze – so stellt der Investor sein geplantes „Nahversorgungszentrum“ an der Reichsstraße/Ecke Spandauer Damm in Charlottenburg vor. Doch in der jetzigen Form hat das Projekt wohl keine Chance. In einer gemeinsamen Sitzung des Bau- und des Stadtplanungsausschusses der BVV mussten die Planer jedenfalls von allen Fraktionen Kritik einstecken: Der vierstöckige, rund 100 Meter lange Neubau sei am „Eingang zu Westend“ deplatziert, hieß es. Er bedrohe die Existenz mittelständischer Läden in der Reichsstraße zwischen Theodor-Heuss-Platz und Brixplatz. Dies wiederum könne die Nahversorgung der vielen älteren Anwohner gefährden, für die der Weg zum nordwestlichen Ende der Straße zu weit sei.

Schon vor zwei Jahren hatten andere Investoren an der Ecke Spandauer Damm ein Zentrum geplant. Jetzt stellte Architekt Siegfried Pieper vom Büro Urbanistica einen überarbeiteten Entwurf vor. Hauptmieter würde ein großer Reichelt-Markt. Außerdem soll ein Lebensmittel-Discounter angesiedelt werden. Zwei Etagen sind als Parkdecks mit 200 Stellplätzen gedacht, für Kurzzeitparker soll es 50 Stellplätze im Freien geben. In die vierte Etage soll ein Fitnessstudio ziehen. In einem zweiten Gebäude sind Büros geplant.

Laut Pieper hat der Investor – die Unternehmensgruppe Manfred Schenk aus Pirmasens – das Areal von einer Tochtergesellschaft der Industrie- und Handelskammer Berlin gekauft. Bisher stehen dort zwei turmartige 60er-Jahre-Wohnhäuser, die als Arbeiter-Wohnheim entstanden waren, heute aber in schlechtem Zustand sind. Marktforscher haben im Auftrag des Investors errechnet, dass die Supermärkte einen mehr als 13-prozentigen „Kaufkraftabfluss“ aus anderen Teilen der Reichsstraße auslösen würden; Reichelt am Brixplatz verlöre sogar 30 Prozent seines Umsatzes. Trotzdem könne diese Filiale noch rentabel bleiben. Ein Immobilienexperte der Edeka-Gruppe, zu der Reichelt gehört, versuchte Sorgen vor einer Schließung auszuräumen: Geplant sei, die Filiale am Brixplatz einem selbstständigen Kaufmann als Edeka-Markt zu überlassen.

Auch Stadtplanungsamtsleiter Rainer Latour sieht „erhebliche Mängel“ beim Entwurf. Durch die Supermärkte, deren Fenster wohl mit Werbung zugeklebt würden, und die aus Lüftungsgründen offenen Parketagen seien drei der vier Stockwerke städtebaulich „verbrannt“. Auch der Lärmschutz für benachbarte Wohnhäuser sei nicht befriedigend gelöst. Die Beratungen gehen bald im Wirtschaftsausschuss weiter. Dessen Vorsitzender Stefan Hänsch (CDU) machte bereits deutlich, dass er die Folgen für andere Läden in Westend für untragbar hält. CD

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false