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© IMAGO/Jens Schicke

Geldwäsche-Ermittler sehen „fatales Signal“: Berliner Gericht spricht Remmo-Mann eingezogene Clan-Immobilien zu

Vor fünf Jahren konfiszierte Berlins Justiz 77 Clan-Immobilien. Nun lehnt ein Gericht einige der Einziehungen ab – eine Finanzierung mit Geld aus Straftaten sei nicht zu beweisen.

Im Rechtsstreit um Immobilien, die dem bekannten Remmo-Clan zugerechnet werden, ärgern sich Finanzermittler und Staatsanwälte über eine Entscheidung des Berliner Landgerichts. Schon am Dienstag lehnte es die Einziehung hoher Vermögenswerte eines 27-jährigen Mannes aus der deutsch-arabischen Großfamilie ab.

Es sei „nicht nachweisbar, dass die Immobilien mit Geldern aus Straftaten finanziert worden seien“, teilte das Gericht am Mittwoch mit. Es könne „nicht ausgeschlossen werden“, dass die Bezahlung aus legalen Quellen erfolgt sei. Während des Verfahrens war die Rede davon, der damals Jugendliche habe womöglich Millionensummen von Verwandten aus dem Libanon erhalten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Staatsanwaltschaft legte Revision ein.

In dem Prozess wurde seit Januar um acht Immobilien in Berlin verhandelt. Die Ankläger gingen davon aus, dass der Betroffene als 18-Jähriger 2015 begonnen hatte, mit der Beute aus Straftaten einzelne Wohnungen und Häuser zu kaufen. Zudem sei er Besitzer einer Immobilienfirma, die – davon gehen Ermittler aus – Wohnungen und Grundstück der Großfamilie verwaltete. Der Anwalt des Mannes bestritt die Vorwürfe.

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Zuvor war ein Verfahren wegen Verdachts der Geldwäsche geführt worden, das aber 2020 eingestellt wurde: Man könne dem Mann nicht nachweisen, dass er Beute- beziehungsweise Schwarzgeld einer bestimmten Straftat in Immobilien investiert hatte.

Teenager mit Millionensummen

In solchen Fällen greift seit 2017 das „selbstständige Einziehungsverfahren“ nach Paragraf 437 der Strafprozessordnung: Die Anklage muss dazu nicht nachweisen, aus welcher Tat welches Vermögen stammt. Vielmehr muss der Verdächtige das Missverhältnis zwischen seinem Vermögen und seinem offiziellen Einkommen erklären.

Vermögen kann auch dann eingezogen werden, wenn die Justiz damit keine konkrete Tat in Verbindung bringt, sich die Spur des Geldes im Ausland oder zwischen diversen Akteuren nicht einwandfrei verfolgen lässt. Im aktuellen Fall ging es also um die Frage: Wie plausibel ist es, dass ein Teenager ohne nennenswertes Legaleinkommen über Millionensummen verfügt?

77 Immobilien wurden 2018 konfisziert

Die dem Mann vom Gericht nun zugestandenen Immobilien gehören zu insgesamt 77 Häusern, Wohnungen und Grundstücken, die in einer spektakulären Aktion im Sommer 2018 konfisziert worden. Polizei und Staatsanwaltschaft gingen davon aus, dass die 77 Immobilien mit Geld aus Raub, Diebstahl und Betrug gekauft wurden.

Davon fielen bislang zwei Immobilien rechtskräftig an den Staat: Eine Villa und ein benachbartes Gartenareal im Süden Neuköllns gehören seit Oktober 2020 dem Land Berlin. Damals wies das Kammergericht die Beschwerde der Remmos gegen die Beschlagnahme der Immobilien zurück. Zuvor gehörte die denkmalgeschützte Villa einem der Söhne, er hatte diese im Jahr 2012 als 19-Jähriger für 224.280 Euro gekauft.

Mit Blick auf den aktuellen Fall sagte ein Geldwäschespezialist: „Wenn wir das am Ende tatsächlich verlieren, dann sind Finanzermittlungen in weit verzweigten Großfamilien überflüssig, weil vollkommen wirkungslos. Denn dann wird jeder Verdächtige immer sagen können, die suspekten Millionensummen seien ihm von Angehörigen aus dem Libanon, Syrien oder der Türkei zur Verfügung gestellt worden.“ Auch außerhalb Berlins sprachen Fahnder am Mittwoch von einem „fatalen Signal“ der Hauptstadt-Justiz.

Remmo-Männer wegen diverser Straftaten verurteilt

Männer, seltener Frauen, aus der Großfamilie Remmo fallen seit Jahren mit spektakulären Straftaten auf: Im Oktober 2014 wurde in Berlin eine Sparkasse gesprengt, ein Mitglied des Remmo-Clans dafür verurteilt. Die 9,1 Millionen Euro Beute sind weg. Im März 2017 brachen Maskierte in Berlins Bodemuseum ein, stahlen eine 3,75-Millionen-Euro-Goldmünze. Verurteilt wurden dafür auch drei Remmos.

Im Mai 2019 verschwand ein Gold-Kunstwerk aus einer Berliner Schule, zuvor sahen Zeugen einen Remmo am Tatort. Verurteilt wurde ein Freund der Großfamilie, das gestohlene Gold ist weg.

Im November 2019 brachen Männer in das Grüne Gewölbe in Dresden ein. Sie stahlen Diamanten, nur einige davon gaben die dafür Angeklagten im Laufe des Prozesses zurück. Verurteilt: fünf Remmos.

Im Februar 2021 überfielen fünf Männer einen Geldtransporter am Berliner Ku’damm, fast 650.000 Euro Beute. Gestanden hat ein Remmo.

Im August 2021 bohrten Männer durch den Boden einer Wohnung in Norderstedt bei Hamburg: Darunter befindet sich eine Bank, aus der die Täter elf Millionen Euro aus Schließfächern stahlen. Tatverdächtig ist ein Remmo.

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