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Gemeinschaftsschule: Gegner reden nicht mehr mit

CDU, FDP und Verbände kündigen ihre Mitarbeit im Beratungsgremium des Senats auf. Ihre Mitsprache, so die Kritiker, sei unerwünscht.

Von Sabine Beikler

Erst vor drei Monaten hatte Bildunsgsenator Jürgen Zöllner (SPD) den Beirat zur Einführung der Gemeinschaftsschule gegründet – jetzt steigen die ersten Mitglieder wieder aus. Die Vertreter von CDU und FDP, der Deutsche Philologenverband Berlin und der Verband Bildung und Erziehung erklärten am Freitag, sie sähen nach drei Beiratssitzungen „keine Einflussmöglichkeiten“ in dem Gremium, dem über 20 Mitglieder aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik angehören. „Der Kurs des Senats scheint festzustehen. Wir haben nicht den Eindruck, dass Mitsprache erwünscht ist und der Beirat Einfluss nehmen kann“, sagte Sascha Steuer, bildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Die Kritiker der Gemeinschaftsschule führen an, dass rund ein Dutzend Schulen für das geplante Pilotprojekt 22 Millionen Euro erhalten, die anderen 800 Berliner Schulen dagegen mit ihren Problemen allein gelassen werden. Zudem würden für das Pilotprojekt nur die besten Schulen ausgewählt. „Das ist ein Ablenkungsmanöver von den großen Problemen anderer Schulen“, sagte Steuer. Drastischer wurde FDP-Bildungspolitikerin Mieke Senftleben: „Das ist eine Frechheit.“

Gäbe es für alle anderen Schulen eine so intensive Förderung wie für die Gemeinschaftsschulen, „bräuchten wir keine ideologische Diskussion über Schulstrukturen“, sagte Senftleben. Gemeinschaftsschulen könnten nur dann funktionieren, wenn sie auf dem Prinzip der Ganztagsschulen basieren, ausreichend Räume haben, die Schulleitung autonom über das Personal entscheiden kann und vor allem der Elternwille für diese Schulform da sei.

Statt über aktuelle Probleme wie Klassenstärken, Lehrermangel oder die ungenügende Finanzausstattung zu reden, gebe es „permanente Angriffe“ gegen Gymnasien, kritisierte Gabriela Kasigkeit vom Philologenverband. Dass unter den 63 Schulen, die sich für das Pilotprojekt beworben hatten, kein einziges der 98 Gymnasien sei, zeige die Vorbehalte. „Leistung muss auf der Tagesordnung bleiben“, sagte Kasigkeit. Wenn in einer Gemeinschaftsschule Hauptschüler neben Gymnasiasten sitzen würden, werde das weder dem einen noch dem anderen Schüler gerecht.

Die Diskussionen in dem Beirat hätten nichts mit der Berliner Schulsituation zu tun, kritisierte Helge Dietrich vom Verband Bildung und Erziehung. Gegen die Gemeinschaftsschulen spreche auch, dass alle äußeren Leistungsdifferenzierungen nach Gruppenzugehörigkeit zugunsten eines integrativen Lernens abgeschafft werden sollen.

Nicht nachvollziehen kann dagegen Grünen-Bildungspolitiker Özcan Mutlu den Ausstieg der Mitglieder aus dem Gremium. „Man kann dort Vorschläge machen, und wir werden angehört“, sagte Mutlu. Die Grünen, die das Pilotprojekt Gemeinschaftsschule unterstützen, werden dem Beirat weiter angehören.

Bildungsstaatssekretär Eckart Schlemm bedauerte den Austritt von CDU, FDP und den Verbänden. Er wies die Kritik vehement zurück. Die 22 Millionen Euro für die Schulen des Pilotprojektes würden „im Wesentlichen“ für bauliche Veränderungen verwendet werden. Die Ausstattung werde sich an den Grundschulen und Gesamtschulen mit Ganztagsbetrieb orientieren. Im November wird der Senat die Schulen aus den 63 Bewerbern auswählen, die bis Ende der Legislaturperiode an dem Projekt teilnehmen werden. Als Abgrenzung zu den Gesamtschulen sollen die Schüler nicht nach Leistung in verschiedene Lerngruppen aufgeteilt werden („Fega-System“). Stattdessen müssen die Lehrer lernen, den Unterricht so zu gestalten, dass alle Kinder angesprochen und gefördert werden.

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