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Berlin: Generalrevision: Griff in die Kasse beschäftigt SPD-Spitze

Im SPD-Kreisverband Steglitz-Zehlendorf hängt der Haussegen schief. Schludrigkeiten und Unregelmäßigkeiten bei der Buchführung, unsaubere Abrechnungen, dubiose Beschäftigungsverhältnisse, in einem Fall ohne Vertrag, das Fehlen von Wirtschaftsplänen für 1998 und 1999, sogar eine Unterschlagung wurden bei der Überprüfung des Rechenschaftsberichts 1999 im bis dahin selbstständigen Kreis Zehlendorf festgestellt.

Im SPD-Kreisverband Steglitz-Zehlendorf hängt der Haussegen schief. Schludrigkeiten und Unregelmäßigkeiten bei der Buchführung, unsaubere Abrechnungen, dubiose Beschäftigungsverhältnisse, in einem Fall ohne Vertrag, das Fehlen von Wirtschaftsplänen für 1998 und 1999, sogar eine Unterschlagung wurden bei der Überprüfung des Rechenschaftsberichts 1999 im bis dahin selbstständigen Kreis Zehlendorf festgestellt. Das geht aus dem jetzt fertigen Revisionsbericht hervor, der dem Tagesspiegel vorliegt. Der damalige Kreiskassierer Ernst Ulrich Sacharowitz ist letzten Herbst aus der Partei ausgetreten. Die Vorgänge beschäftigen inzwischen auch den SPD-Landesvorstand.

Die SPD Zehlendorf und Steglitz wurde Ende 1999 im Zuge der Bezirksfusion zusammengeschlossen. Der im Mai 2000 gewählte neue Kreisvorstand unter Bürgermeister und Schulsenator Klaus Böger hatte die Generalrevision in Zehlendorf veranlasst, die acht Monate dauerte. Man war misstrauisch gegen den Rechenschaftsbericht der Zehlendorfer und hatte die Entlastung vertagt.

Ergebnis: Der alte Kreisvorstand Zehlendorf wurde auch auf Empfehlung der Revisoren nicht entlastet. Die Kreisdelegiertenversammlung beschloss nun am 29. Januar mit 65 gegen 45 Stimmen, dass die damals verantwortlichen Kreisvorstandsmitglieder jetzt keine Parteiämter ausüben sollten, so Böger. Peter Senft war Kreischef in Zehlendorf und ist jetzt Stellvertreter von Böger. Kreisvorstandsmitglied Michael Karnetzki war in Zehlendorf Stellvertreter von Senft. Beide sind bisher aber nicht zurückgetreten.

Böger bestätigte die Vorgänge: "Ich bin kein Vertuscher." Die Zusammenführung der beiden Kreisverbände sei durch die "Misswirtschaft" und die nötige Revision erschwert worden. Mehrere Punkte sind in dem Sündenregister besonders schwerwiegend. Kreiskassierer Sacharowitz hat "mindestens 5000 Mark unterschlagen", wie Böger sagt. Es ging um eine gefälschte, das heißt fingierte Rechnung. Der Mann hat darüber ein "notarielles Schuldanerkenntnis" abgegeben. Bei der Neubuchung sämtlicher Vorgänge des Jahres 1999 durch die Revisoren stellte sich heraus, dass der Kreis Zehlendorf in den Jahren 1997 bis 1999 dem Landesverband die Abführung von 86 797,30 Mark Parteibeiträge vorenthalten hat. Abzüglich von Abschlagszahlungen aus zwei Abteilungen waren es 69 277,30 Mark. Das Geld behielt der Kreisverband für eigene Zwecke. Diese Summe hat der neue Kreisverband inzwischen bis auf 20 000 Mark abgezahlt. Auch in der BVV-Fraktionskasse Zehlendorf gab es Unregelmäßigkeiten. Für Mandatsabgaben wurden rechtswidrig Spendenquittungen der Partei ausgestellt. Wie es dazu kam, ist dem Landeskassierer Klaus Riebschläger (Steglitz) noch nicht klar. "Es war zu einer Zeit, als ein Kreiskassierer namens Adam auch Fraktionskassierer war", sagt Riebschläger, "aber wir wissen noch nicht, ob falsche Summen quittiert wurden, dann wäre es Steuerhinterziehung." Er ist mit der Untersuchung des Vorgangs beschäftigt und will, wenn die Dinge nicht anders aufzuklären sind, den Revisoren des Landesverbandes einen Sonderauftrag erteilen. Der damalige Kassenführer soll auch 12 000 Mark nicht an die Fraktionskasse abgeführt haben. Er ist laut Riebschläger inzwischen in Amerika.

"Das sind alles Stücke aus dem Tollhaus", sagt Böger. Er warnte davor, das Thema als Rechts-Links-Konflikt oder Steglitz-Zehlendorf-Konflikt abzutun: "Das ist Kokolores." Der Fehlbetrag kann weitreichende Folgen haben: Weil sich der Delegiertenschlüssel nach den abgerechneten Beiträgen richtet, könne sich auf Grund der falschen Angaben eine falsche Zahl von Landesparteitagsdelegierten ergeben.

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