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Berlin: Generalstaatsanwalt siegt vor Gericht gegen Justizsenatorin

Karge klagt sich auf seinen Posten zurück – Schubert legt Beschwerde ein

Von Katja Füchsel

und Kerstin Gehrke

Den abberufenen Generalstaatsanwalt kann nur eines von seinem Schreibtisch fernhalten. „Wenn mich nicht die Cholera erwischt, bin ich Montag wieder im Büro“, sagt Hansjürgen Karge. Nach der Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts vom Freitag darf der 61-Jährige bis auf weiteres sein Amt weiter ausüben. Justizsenatorin Karin Schubert (SPD), auf deren Initiative Karge vom Abgeordnetenhaus abgewählt worden war, will den Beschluss nicht hinnehmen. Sie kündigte an, Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einzulegen. Kritik aus der Opposition an ihrem Vorgehen wies Schubert zurück.

Man habe man bei der Entlassung das seit 1957 geltende Landesrecht angewendet, nach dem bereits zwei Polizeipräsidenten und ein Generalstaatsanwalt entlassen wurden, verteidigte sich die Justizsenatorin. „Es ist das erste Mal, dass ein Gericht Zweifel an der Rechtmäßigkeit angemeldet hat.“ Sie kündigte an, trotz ihrer Beschwerde gegen die Entscheidung kooperativ mit Karge arbeiten zu wollen.

Vor drei Monaten war Karge auf Initiative der Justizsenatorin wegen eines zerrütteten Vertrauensverhältnisses abgewählt worden. In der mündlichen Verhandlung übten sich die Vertreter der Justizverwaltung in Apellen. „Aufgrund der Geschehnisse ist es der Senatorin nicht zuzumuten, mit Herrn Karge weiter zusammenzuarbeiten.“ Das Gericht möge doch bedenken, „wie kompliziert und unerträglich“ Karges Rückkehr wäre. „Man muss doch eine bestimmte Autorität haben, sonst läuft der ganze Haufen auseinander“, sagte Klaus Kilian für die Senatsverwaltung. Für Richter Schultz-Ewert eine „merkwürdige Argumentation“. Die Richter stellten in Frage, ob Karge als Generalstaatsanwalt beim Landgericht tatsächlich ein politischer Beamter ist. Nur dann wäre eine Abberufung aufgrund eines zerstörten Vertrauensverhältnisses gerechtfertigt gewesen. Karge aber sei in die Hierarchie der Staatsanwaltschaft eingegliedert und den Weisungen seines Chefs, dem Generalstaatsanwalt beim Kammergericht, unterworfen. Nach dem Beamtenrecht könnten nur solche Staatsdiener politische Beamte sein, deren Amt die fortdauernde Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Ansichten und Zielen der Regierung erfordere. Eine politische Einflussnahme sei dem Amt eines Leiters einer Staatsanwaltschaft beim Landgericht „eigentlich fremd“, sagte der Richter.

Karge hatte in seiner siebenjährigen Amtszeit immer wieder Wirbel ausgelöst. Er forderte mehr und schnellere Verhaftungen, härtere Strafen und „altpreußischen Gehorsam“. Manche Staatsanwälte fand er verwöhnt, egoistisch und jammernd. Auslöser für seine Abwahl waren Differenzen um die Sonderermittlungsgruppe zur Affäre der Bankgesellschaft. Nach der Gerichtsentscheidung kündigte Karge die Rückkehr an seinen Schreibtisch an. Allerdings in dem Bewusstsein, „dass die Arbeit durch die Vorfälle nicht leichter geworden ist“. Ein Kompromiss mit der Senatsverwaltung hinsichtlich eines vorgezogenen Ruhestands komme nicht in Frage.

„Wenn die Entscheidung vom Oberverwaltungsgericht bestätigt wird, muss Schubert zurücktreten“, forderte Martin Lindner (FDP). Als „ausgesprochen peinlich“ bezeichnet der justizpolitische Sprecher der CDU, Michael Braun, die Schlappe. Seine Fraktion habe bereits im August auf grobe Mängel im Abwahlverfahren aufmerksam gemacht. Den Grünen-Rechtsexperten Volker Ratzmann hingegen findet die Begründung des Gerichts nicht überzeugend.

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