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Plakate gegen Verkehrsplaner: Auf einem Balkon in der Beermannstraße in Alt-Treptow protestieren Bewohner gegen den Abriss ihres Hauses. In diesem Fall erfolglos: Dieses Haus mit der Nummer 22 wird für die Autobahn-Verlängerung abgerissen. Zwei Nachbarhäuser aber bleiben stehen.

© Mike Wolff

Geplante Autobahn-Verlängerung: A 100-Planer verzichten auf Abriss zweier Häuser

Vier Wohnhäuser sollten in der Beermannstraße in Alt-Treptow der Autobahn weichen. Am Freitag machte der Senat ein Zugeständnis an die Kläger: Zwei der Häuser dürfen bleiben. Für die Bewohner ist das ein Grund zum Jubeln - doch noch könnte alles anders kommen.

Erika Gutwirt läuft mit kleinen Schritten über gepflegten Rasen, vorbei an einer Gartenbank, hin zum gemauerten Grillplatz vor der Hecke. Wäscheleinen spannen sich quer über den Garten, ein Nachbar schiebt sein Fahrrad vorbei und grüßt. „Eine Idylle ist das“, sagt Gutwirt.

Und das kann ihr Garten voraussichtlich erst einmal bleiben. Beim geplanten Weiterbau der Stadtautobahn A 100 vom Dreieck Neukölln zum Treptower Park könnten zwei der vier bisher vom Abriss bedrohten Häuser an der Beermannstraße in Treptow stehen bleiben. Eines davon ist das von Erika Gutwirt.

Die 71-Jährige wohnt seit 1945 in der Nummer 16, Vorderhaus, zweiter Stock. Vorne an der Straße riecht es nach Herbstlaub, fünfzig Meter weiter rollt die Ringbahn vorbei in Richtung Süden. Gutwirt führt Besucher sofort in den Garten hinter dem Haus. Der Rasen, die Bäume, das kleine Gartenhaus im Eck, dazu die Hausgemeinschaft mit Studenten und Altmietern – Gutwirt liebt ihr Haus.

Bildergalerie: Streit um A-100-Ausbau

Aber über dem Beermannkiez und seinen Bewohnern hängt seit Jahren eine Drohung wie eine große Gewitterwolke: Der hintere Teil der Straße soll abgerissen werden. Für die Autobahntrasse an der Beermannstraße hatten die Planer zwei Varianten entwickelt. Da klar war, dass die Häuser mit den Nummern 16, 18, 20 und 22 einem Weiterbau bis zur Frankfurter Allee im Weg stehen, entschlossen sie sich zum sofortigen Abriss.

Der Kiez reagierte: Die Wohnungsgenossenschaft, der zwei der Häuser gehören, klagte, Erika Gutwirt und ihre Nachbarn organisierten Demos und hängten blaue Plakate mit durchgestrichenen Autobahnschildern in ihre Fenster. Die Bedrohung schweißte den Beermannkiez zusammen.

Das entscheidende Urteil wird erst im Oktober fallen.

Am Freitag hat der Kiez einen Teilerfolg errungen. Im Prozess am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat der Berliner Senat zugestanden, die geplanten Ein- und Ausfahrtsrampen zur Autobahn ein wenig anders zu führen. So müssen nur die Häuser Nummer 20 und 22 abgerissen werden. Direkt neben dem Haus von Erika Gutwirt wird man eine sechs Meter hohe Lärmschutzwand errichten.

Für manche Nachbarn ist die Nachricht Grund zum Jubeln. „Den Rest schaffen wir auch noch“, sagt Uwe Klein, der im Hinterhaus von Erika Gutwirt wohnt. Als er am Freitag vom Abrissverzicht erfuhr, klebte er die Nachricht an die Hauseingänge der Straße. Das Zugeständnis ist für ihn ein Zeichen, dass das ganze Projekt bröckelt.

Aber das ist noch lange nicht abzusehen. Das Urteil wird erst im Oktober fallen. Sollte das Bundesverwaltungsgericht dann den Weiterbau zulassen, müssen vielleicht auch die jetzt verschonten Häuser weichen – für den Fall, dass die Strecke wie bereits geplant dann auch weiter bis zur Frankfurter Allee gebaut werden sollte.

Der Protest in der Beermannstraße geht trotzdem weiter – „jetzt erst recht“, sagt Uwe Klein. „Wenn wir gar nichts machen würden, wären wir ja sofort raus hier.“ Ein negatives Vorbild haben die Kiezbewohner schon: den erfolglosen Protest gegen Stuttgart 21. „Die hätten mal ein paar Jahre früher anfangen sollen“, sagt eine Nachbarin.

Erika Gutwirts Garten mit der Bank und dem Grillplatz wird noch ein paar Jahre existieren – auch wenn die Lärmschutzmauer das Idyll stören dürfte. Immerhin einen guten Nebeneffekt hat das Ganze: Die Autobahn wird jetzt etwas billiger.

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