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Berlin: Gerechte Schrippe

Von Bernd Matthies Jahrelang war hier nicht mehr die Rede von der allseits bekannten Mauer in den Köpfen. Das kann bedeuten, dass sie heimlich und von allen unbemerkt zerbröselt ist – oder dass irgendjemand ebenso heimlich beschlossen hat, sie einfach nicht mehr zu erwähnen.

Von Bernd Matthies

Jahrelang war hier nicht mehr die Rede von der allseits bekannten Mauer in den Köpfen. Das kann bedeuten, dass sie heimlich und von allen unbemerkt zerbröselt ist – oder dass irgendjemand ebenso heimlich beschlossen hat, sie einfach nicht mehr zu erwähnen. Ähnlich geht es der einst viel besungenen Ost-Schrippe, dem Trabbi der Frühstückstische. Gibt es sie noch nach ihrem kurzen, triumphalen Comeback? Ist sie am Ende doch von der West-Fluffe verdrängt, vom Aufback-Teigling überholt worden, oder hat sie ihr Erbgut womöglich einer alle Grenzen überschreitenden Integral-Semmel implantiert?

Verdammt schwer herauszubekommen. Immerhin erfahren wir jetzt – eine Art Kollateralschaden der Überschwemmungen in Ostdeutschland – dass die Schrippe in den Ost-Berliner Bezirken demnächst preislich zur West-Schrippe aufschließen soll. Denn das feuchte Getreide der aktuellen Ernte taugt als Mehl nichts und muss deshalb durch teurere Ware aus dem Süden und Westen ersetzt werden. Die West-Schrippe bleibt dagegen preisstabil.

Ist das nun gerecht? Der Schrippenesser (Ost), bislang aus rein historischen Gründen besser gestellt als der Schrippenesser (West), muss also nun die Zeche zahlen für das schlechte Wetter, während... Nehmen wir es als einen Schlussstein der Vereinigung der beiden Stadthälften, als Zeichen, dass auf Dauer nicht auseinander klaffen kann, was zusammengehört. Was immer aus der Mauer geworden ist – mit dem Brötchen in den Köpfen ist nun endgültig Schluss.

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