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Berlin: Geschäfte auf unsicherem Boden

Bauten am Schinkelplatz verzögern sich um Jahre

So schnell sind schöne Vorhaben Makulatur: Die Pläne für 17 Neubauten am Schinkelplatz neben der Friedrichswerderschen Kirche in Mitte werden mindestens drei Jahre lang in der Schublade der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verschwinden. „Vorher sind die Forderungen der Jewish Claim Conference im Namen der Alteigentümer dieser Grundstücke nicht geklärt“, sagt der Sprecher der Bundesanstalt Helmut John. Diese seien „urplötzlich aufgetaucht“, obwohl ein „Negativattest“ des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vorgelegen habe. Dieses bestätige, dass keine Alteigentümer mehr ein Recht auf Rückgabe oder Entschädigung der zu NS-Zeiten enteigneten Grundstücke hätten – und ein Verkauf zulässig sei.

Der Fall ist deshalb verwunderlich, weil die Frist zur Anmeldung von Ansprüchen auf Grundstücke oder andere Vermögenswerte Ende 1992 abgelaufen ist. Und: Das Grundstück am Schinkelplatz befindet sich in bester Lage und war von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und dem Land Berlin sorgfältig aufgeteilt und mit Baugenehmigungen für attraktive Wohnhäuser versehen worden. Dass nun doch ein aufwendiges Restitutionsverfahren beginnt, hat folgenden Grund: Die Jewish Claim Conference (JCC) hatte sogenannte „Globalansprüche“ erhoben. „Damit können bis zum Sanktnimmerleinstag Ansprüche erhoben werden, wenn die JCC beweisen kann, dass die Grundstücke früher in jüdischem Eigentum standen“, sagt der auf Restitution spezialisierte Rechtsanwalt Gunnar Schnabel. Dem Rechtsanwalt zufolge würden professionelle Grundstückshändler deshalb stets die Archive der Grundbuchämter nach möglichen Spuren von „Arisierungen“ von jüdischen Eigentümern aus der Zeit des NS-Regimes durchsuchen.

Auf der sicheren Seite seien Käufer nur, wenn das Grundstück zuvor zweimal den Eigentümer gewechselt habe – nach der Wiedervereinigung. Dann hätten Alteigentümer nur Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises durch den Verkäufer – aber nicht auf das Grundstück.

Im konkreten Fall konnte die Bundesanstalt kaum auf drohende Ansprüche schließen. Das Grundstück war Eigentum einer Gesellschaft, an der jüdische Bürger indirekt beteiligt waren. Dies fand die JCC heraus. Laut Ellen Hendler, Sprecherin des Bundesamtes für offene Vermögensfragen, sind Fälle, wo ein „Negativattest“ wieder zurückgenommen werden muss, selten. Es sei aber gut möglich, dass zu den 13 600 Restitutionsansprüchen auf Berliner „Vermögenswerte“ noch unbekannte dazukämen. ball

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