Geschichte des City-Airport Riem: Münchner Lehren für den Flughafen Tegel
Tegel schließen, bebauen und ins Umland ziehen? Was derzeit in Berlin diskutiert wird, hat München schon hinter sich. Es gibt Parallelen – aber auch große Unterschiede.
Stadtflughafen? Was derzeit in Berlin diskutiert wird, hat München schon hinter sich. Auch in der bayerischen Landeshauptstadt gab es mit Riem einen Flughafen innerhalb der Stadt. Und eine lange Diskussion darüber, ob die Anlage weiter betrieben oder ob außerhalb der Stadt ein neuer Flughafen gebaut werden soll.
Mit Tegel war Riem nicht vergleichbar
Die Stadt und das Land haben sich bekanntlich für einen neuen Standort entschieden – und ihn inzwischen zum zweitwichtigsten Flughafen in Deutschland gemacht.
Mit Tegel war Riem allerdings nicht vergleichbar. Der Flughafen in München hatte nur eine Start- und Landebahn, die zudem sehr kurz war und mehrfach erweitert werden musste. Eine zweite Piste in der Stadt zu bauen, erwies sich als unmöglich. Anwohner hatten sich schon gegen den nach dem Krieg zunehmenden Lärm des Stadtflughafens heftig gewehrt.
Nach mehreren Unfällen war klar: Es musste einen neuen Flughafen geben
Schon in den 1950er Jahren war einer Mehrheit in München klar, dass die Zukunft einem anderen Flughafen gehören und Riem geschlossen werden musste. Wie in Berlin zog sich die Suche nach einem anderen Standort aber über Jahre hin. Und wie jetzt in Berlin gab es Stimmen, die dafür plädierten, Riem als Stadtflughafen zu erhalten.
Er lag – wie Tegel – nur wenige Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Nach mehreren Unfällen war der Kurs dann aber klar: Es musste einen neuen Flughafen für München geben.
Fast die ganze Fußballmannschaft verunglückte
Am 6. Februar 1958 verunglückte eine Maschine der British European Airways, die sich mit der Fußballmannschaft von Manchester United nach einem Europapokalspiel auf dem Weg von Belgrad nach Manchester befand und nach einer Zwischenlandung in Riem zunächst zwei erfolglose Startversuche absolviert hatte.
Bei ihrem dritten Versuch raste die Maschine über die Startbahn hinaus und ging nach einer Kollision mit einem 275 Meter vom Flughafenzaun entfernten Gebäude in Flammen auf. Unter den insgesamt 23 Toten befand sich damals fast die gesamte Mannschaft von Manchester United.
Ein weiteres Flugzeugunglück
Bei dem zweiten Flugzeugunglück am 17. Dezember 1960 streifte ein Flugzeug nach dem Start in Riem das Turmkreuz der Münchener Sankt-Pauls-Kirche und stürzte anschließend unweit der Theresienwiese inmitten der Innenstadt ab. Einer der zwei Motoren war ausgefallen, der Pilot wollte im Nebel drehen und zurück nach Riem fliegen – da berührte er den Kirchturm in sehr geringer Höhe (97 Meter).
Bei dem Absturz kamen alle 20 Insassen des US-Militärflugzeugs sowie 32 Passanten und Fahrgäste einer von brennenden Flugzeugtrümmern getroffenen Straßenbahn ums Leben.
Zig Millionen Euro, um den Flughafen am Leben zu erhalten
Auch mit dem Hinweis, die Unfallgefahr über der Stadt zu verringern, hat das Bundesverwaltungsgericht 2006 die Klagen gegen den BER-Ausbau in Schönefeld zurückgewiesen.
Weil sich die Suche nach dem Standort über Jahre hinzog, musste Riem in der Zwischenzeit sogar noch mehrfach erweitert werden.
In Berlin muss die Flughafengesellschaft jetzt auch zig Millionen Euro aufbringen, um den Flughafen am Leben zu erhalten, weil der BER später fertig zu werden scheint. Um Tegel für einen Dauerbetrieb fit zu machen, wäre nach Angaben der Flughafengesellschaft sogar rund eine Milliarde Euro erforderlich.
Auch Grün soll entstehen
Wie jetzt in Tegel gab es auch in München von Anfang an, lange vor der geplanten Schließung der innerstädtischen Anlage ein Nachnutzungskonzept. In Tegel sollen in das alte Abfertigungsgebäude Teile der Beuth-Hochschule einziehen. Das übrige Gelände ist für Industrie- und Gewerbeflächen sowie Wohnungsbau vorgesehen. Auch Grün soll entstehen.
An den Flughafen erinnert nur noch der ehemalige Tower
In München baute man auf dem Flughafengelände ein Messezentrum - ergänzt mit Wohn-, Büro- und Geschäftseinheiten. 2005 fand dort die Bundesgartenschau statt. An den Flughafen erinnern nur noch der ehemalige Tower der Flugsicherung sowie Teile des ehemaligen Terminals, das nach Plänen des Architekten Ernst Sagebiel entstanden war, der auch den Flughafen Tempelhof entworfen hatte. In Tegel sollen nach dem Nachnutzungskonzept auch die Hüllen des Abfertigungsgebäudes und des Towers erhalten bleiben.
Der Flughafen außerhalb der Stadt ist sehr erfolgreich geworden
In München gibt es nur noch ganz wenige Stimmen, die Riem vermissen. Der Flughafen außerhalb der Stadt ist dafür viel zu erfolgreich geworden. Auch die längeren Wege haben die Münchener akzeptiert. Flughafensprecher Ingo Anspach formuliert es so: München hatte einen „City-Airport“, bevor es diesen 1992 gegen eine „Airport-City“ eintauschte. Bereut habe man es nicht.
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