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Der Ton macht die Musik. Der Konzertchor Friedenau lädt gemeinsam mit anderen Ensembles und Bands zum Benefizkonzert ein.

© Enno Hurlin

Gesellschaftliches Engagement: Mit Chorgeist gegen Neonazis

Für den Opferfonds der Hinterbliebenen des NSU-Terrors gibt es am Sonntag das erste deutsch-türkische Benefizkonzert. Und für die Zukunft wünscht sich Schirmherrin Barbara John auch eine Bundesstiftung.

So viele Menschen, so viele Geschichten, so viele Stimmen. Und wenn die Leute oben auf der Bühne singen und die im Publikum mit einstimmen, läuft einem ein Schauer über den Rücken.

„We are the world“ wollen sie singen, dieses 1985 von Michael Jackson sowie Lionel Richie geschriebene und von der VIP-Formation „USA for Africa“ gesungene Lied. „Es ruft weltweit zur Überwindung von Rassismus und von kultureller Engstirnigkeit auf. Es lässt einen fühlen, wie stark die Kraft sein kann, die Menschen verschiedener Herkunft verbindet“, sagt Rolf Ahrens, Leiter des Konzertchors Friedenau. Mit einem türkisch-deutschen Pop-Konzert wollen Berliner Sängerinnen und Sänger am 20. Oktober um 18 Uhr mit ihrem Konzert im Rathaus Schöneberg ein Zeichen für ein friedliches Zusammenleben und gegen Terror von Rechts setzen. Am Sonntag begleitet sie die Michael Brandt Band, bekannt als „Gripstheater-Band“, zu Liedern auch von Abba und Rihanna. Der Konzertchor Friedenau lädt gemeinsam mit dem Berliner Ensemble für Klassische Türkische Musik ein – und will zudem ganz pragmatische Hilfe leisten.

Das Berliner Ensemble für Klassische Türkische Musik.
Das Berliner Ensemble für Klassische Türkische Musik.

© privat

Denn ein Teil der Konzerteinnahmen und alle Buffet-Einkünfte kommen dem Fonds für die Hinterbliebenen der Opfer des NSU-Terrors zugute. „Ich freue mich sehr über dieses erste Benefizkonzert zugunsten des Opferfonds, gerade jetzt, wo wir die Fahrt- und Unterbringungskosten übernehmen wollen, um den Hinterbliebenen und Angehörigen die Teilnahme am Prozess in München zu ermöglichen“, sagt Barbara John, die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer der rechtsextremen Terrorgruppe. Sie habe die Schirmherrschaft für den deutsch-türkischen Musikabend gern übernommen, auch weil sie sich darüber freut, dass ihr türkischstämmiger Mitarbeiter, der bei der Betreuungsarbeit dolmetscht, die Idee zum Konzert hatte. Er singt in dem Friedenauer Chor mit. „Die Bundesregierung übernimmt nur die Kosten für drei Tage“, sagt John. „Doch für die Menschen ist es unglaublich wichtig, während des Prozesses aktiv und bei der Aufklärung dabei zu sein.“ Kinder, die es auch wegen der psychischen Belastungen durch die Serienmorde an in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund nicht schafften, Tritt zu fassen, „wollen wir beim Einstieg ins Berufsleben unterstützen“.

Die Schirmherrin. Barbara John ist die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer der rechtsextremen NSU. Früher war sie Berlins Ausländerbeauftragte.
Die Schirmherrin. Barbara John ist die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer der rechtsextremen NSU. Früher war sie Berlins Ausländerbeauftragte.

© picture-alliance/dpa

Langfristig wünscht sich John eine Bundesstiftung, es gebe bereits ein Startkapital, Zustifter seien willkommen. Eine solche Stiftung solle beispielsweise auch bei der Prävention ähnlicher Verbrechen helfen und die Zusammenarbeit der Projekte gegen Rechtsextremismus koordinieren. Die NSU-Opferbeauftragte dankte etwa den großen Kirchen in Bayern, die bereits Geld gespendet haben.

Beim seit 25 Jahren bestehenden Konzertchor Friedenau unter dem Dach des Nachbarschaftsheimes Schöneberg hat Helfen Tradition. „Wir sind schon für die Verständigung von israelischen und arabischen Jugendlichen aufgetreten und für die Rettung der Kirche der evangelischen Philippus-Nathanael-Kirchengemeinde“, sagt die 67-jährige Anita Carstens, die Auftritt und Drumherum managt. Wer im Chor mit derzeit 80 Sängern auf der Adressenliste mitmachen will, sei willkommen, vor allem Tenöre und hohe Frauenstimmen seien gern gesehen. Sie alle singen, wie Carstens sagt, „um denen, die auch als Flüchtlinge hoch motiviert zu uns ins vergleichsweise reiche Deutschland kommen, das Gefühl zu geben, sie sind willkommen“.

- Sonntag, 20. Oktober, 18 Uhr im Rathaus Schöneberg, Willy-Brandt-Saal, am John-F.-Kennedy-Platz. Einlass ab 17.30 Uhr, die Abendkasse ist ab 16.30 Uhr geöffnet. Kartenvorverkauf über das Nachbarschaftshaus Friedenau, Holsteinische Str. 30 in Schöneberg. Preis 15 Euro, Jugendliche 5 Euro. Mehr Infos: www.choere.nbhs.de/konzertchor-friedenau. Der Opferfonds hat ein Spendenkonto bei der Bank für Sozialwirtschaft, Konto 3131031, BLZ 10020500. Stichwort: Zusammenhalten.

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