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Berlin: Gestorben wird nach der Show

Kampf eines Ex-Promis zurück ins Rampenlicht: Schauspieler Klaus-Peter Grap hat eine Satire auf sein Metier geschrieben.

An ihm liegt es nicht. Er tut, was er kann. „Man muss ja jede Aufmerksamkeit nehmen, die man bekommen kann.“ Klaus-Peter Grap weiß, wovon er spricht. 35 von 53 Lebensjahren ist er schon im Unterhaltungsgeschäft. Als Schauspieler, Sprecher, Moderator, Kabarettist und neuerdings auch als Buchautor. Er allein hat die Vorstellung seiner jüngst erschienenen Mediensatire „Flaatsch- ich war mal prominent“ im Kabarett Die Stachelschweine organisiert. Er allein hat seine Freundin Ursela Monn gebeten, mitzumachen. Er allein kümmert sich um fortlaufende Lesungen. Ein anderer tut es ja nicht. „Bücher aus Kleinverlagen findet keiner, weil sie nicht in Riesenstapeln in den Buchläden liegen“, sagt er. Er ist ein aufgekratzter Plauderer, doch diesen Satz sagt er ehrlich bekümmert. Grap kennt sein Metier, er weiß, wie's in der Unterhaltungsbranche läuft. Bemerkt werden ist alles. Wer nicht sichtbar ist, den kennt man nicht.

Peter Sander – Graps Romanheld – muss das leidvoll erkennen, als er bei seinem Fernsehsender in Ungnade fällt. Plötzlich geht's bergab. Das Telefon schweigt, die Frau haut ab, die Galaeinladungen und das Geld werden knapp. Langsam begreift der Ex-Promi, dass nichts so mühsam ist, wie der Kampf zurück ins Rampenlicht.

Erschienen ist die kurzweilige Geschichte im Satyr-Verlag, den der umtriebige Berliner Satiriker Volker Surmann betreibt. Mit dem Verlegen von Klaus-Peter Graps Erstling zeigt er ein gutes Händchen. Anders als die verkrachten Druckerzeugnisse anderer Showarbeiter ist „Flaatsch“ witzig erzählt und gut geschrieben. Und natürlich sind etwaige Ähnlichkeiten mit toten oder lebenden Personen wie einem Schauspieler und Moderator namens Klaus-Peter Grap rein zufällig und gar nicht vorhanden. Bis auf diese Ausnahme: „Ich habe auch Figurprobleme, bin 1,95 groß und trinke keinen Alkohol“, grinst Grap, der sich für diese wie für jede andere Frage selbstredend präpariert hat. Solche wie den Klassiker, was ihn zur Schauspielerei brachte, beantwortet er schon, bevor sie überhaupt einer gestellt hat. Gesprächspausen scheut er, Grap will gefallen, nicht langweilen. Trotzdem ist er kein Schwadroneur, der das Literaturhauscafé in der Fasanenstraße mit tollen Geschichten aus dem Showgeschäft zusammendröhnt. Dazu hat er selbst zu viele Berg- und Talfahrten erlebt. Nein, der Charlottenburger pflegt lieber das sympathische Understatement. Kommt mit dem Rad, transportiert sein Buch in einer „Harrods“-Plastiktüte und zerrt daraus auch noch einen eselsohrigen Flyer für sein neues, selbst geschriebenes Kabarettprogramm „Biss auf weiteres“ hervor. Damit steht er demnächst bei den Stachelschweinen mit seiner Dauer-Sketchpartnerin Irina von Bentheim, der deutschen Stimme von Carrie aus „Sex and the City“, auf der Bühne.

Der in Buckow aufgewachsene Ingenieurssohn ist Autodidakt. „Ich hab' in meinem Leben nie was gelernt außer Text“, sagt er. Schon als kleiner Junge hat er für die Nachbarn Stücke inszeniert, später Schülertheater gespielt, noch vor dem Abitur als Statist an der Deutschen Oper gejobbt, seit seinem Debüt 1977 an der Vagantenbühne mehr als 150 Theater-, Film- und Fernsehrollen gespielt und zahlreiche Sendungen moderiert. In seiner Fernsehglanzzeit Mitte und Ende der Neunziger etwa die RTL-Show „Tut er's oder tut er es nicht“ oder die MDR-Talkshow „Riverboat“. Da fliegt er nach zwei Jahren plötzlich raus. Warum? Er zuckt die Achseln. Offen erführe man so was beim Fernsehen nicht. „Wohl weil mein Vorgänger mein Nachfolger wurde. Der Fliesenleger aus dem Knast, äh, Kachelmann.“ So locker Grap jetzt darüber plaudert, so tief trifft ihn die Abfuhr. Erst als der MDR ihm neun Jahre später eine neue Sendung anbietet, fühlt er sich rehabilitiert. „Es ist der schönste Beruf, wenn man zu tun hat. Es ist der böseste, wenn nicht.“ Als sein Stern ähnlich wie der seines Romanhelden sinkt, schreien ihn die vorher kumpeligen Glamourfotografen plötzlich an: „Wer sind Sie denn? Raus aus dem Bild!“. Ist Grap bei einer Premiere im Friedrichstadt-Palast an der Seite seiner Freundin Marion Kracht genauso passiert. Schmerzt ganz schön, der Liebesentzug.

Inzwischen läuft es wieder gut für Klaus-Peter Grap. Weil er sich für nichts zu fein ist und auch mal kleinere Brötchen backt. Sein heutiger Tag sieht so aus: 9 Uhr Synchron sprechen, 11 Uhr Interview, 14 bis 18 Uhr Unterrichten an der Pop-Akademie, 19 Uhr Lesung. „Ich war in diesem Beruf noch keinen Monat arbeitslos und konnte immer davon leben.“ Darauf ist er stolz. Dass er nie so eine Berühmtheit wie sein Romanpromi war und es wohl auch nicht mehr wird, hält er aus. Er glaubt nicht mehr an die ganz große Fernsehsendung. „Die bekommst du nur, solange du eine hast.“ Aber in der Schauspielerei, da könne noch was Großes kommen, hofft er. Das ist ihm wichtiger. Grap ist einer, der eine Bühne braucht. Er sei exhibitionistisch, sagt er, als wäre man darauf nicht selber gekommen.

Deswegen macht er ja alles mit. Lächelt, ist höflich und nett, lässt sich nach dem „Riverboat“-Rauswurf nicht hängen, sondern rafft sich auf, sucht andere Jobs und beginnt nebenbei das jetzt erschienene Buch zu schreiben. Dafür hat sich sogar schon die Redaktion der Talkshow von Markus Lanz interessiert. Die Einladung in die Sendung steht jedoch aus. Nur eine Satire als Gesprächsstoff reichte denen nicht, sagt Grap. Dabei lässt er mit sich über alles reden. Er ist Profi. Er weiß, dass vor der Kamera mehr her muss – ein saftiges Drama. Das hat er auch zu erzählen: Vor zwei Jahren ist er fast gestorben – Lungenembolie. Samstag war er noch im Krankenhaus, Montag auf eigenen Wunsch wieder raus, irgendeine Moderation absolvieren. Auf der Bühne ging alles gut. Der Heulkrampf, der kam hinterher. „So ist das bei uns“, sagt Grap, „gestorben wird erst nach der Show“. Es klingt zufrieden. Er will unterhalten, um jeden Preis. Seine Existenzängste seien im Laufe der Jahre geschrumpft, sagt er. „Verhungern werde ich nicht mehr.“ Und trotzdem wünscht er sich mehr Aufsehen, mehr Echo für sein Buch. Er will sichtbar sein. Noch beim Abschied im Garten vom Literaturhaus denkt er darüber nach, wie und wo er die Werbetrommel rühren, was er noch tun und machen kann. Er weiß, dass in seiner Branche die Zeit schneller abläuft. Dass Neuheiten verfliegen wie nichts. Er strampelt dagegen an. „Ruhig“, sagt er, „ruhig wird’s von ganz allein“.

Lesung: Galerie Kramer, Motzstraße 5, Schöneberg, 3.8., 20 Uhr, Eintritt frei.

Kabarettprogramm: „Biss auf weiteres“, Stachelschweine im Europa-Center, Tauentzienstraße 9-12, Premiere 6.8., 20 Uhr, ab 17 Euro.

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